Die Uni tut sich schwer damit, genügend Arbeiten zu finden, die sie prämieren kann. Samuel Nussbaum

Preise für Seminararbeiten verstauben

Die Uni Zürich würde gerne die 30 besten Seminararbeiten prämieren. Doch sie bleibt auf Preisgeldern sitzen. Die Fakultäten machen zu wenige Vorschläge.

26. April 2012

Das Prinzip ist simpel: Jedes Semester sollen die besten Seminararbeiten der Uni Zürich mit 600 Franken belohnt werden. Die Uni will damit Talente fördern. Im letzten Semester erhöhte sie die Anzahl Preise von 20 auf 30 pro Semester. Doch ausgezeichnet hat der Rektor in diesem Jahr bloss 24. Nicht zum ersten Mal blieben Podestplätze unbesetzt. Die Fakultäten reichen der Uni regelmässig zu wenig auszeichnungswürdige Arbeiten ein. Die Qual der Wahl bei der Preisvergabe bleibt ein Wunschszenario.

Angesichts der Fülle an Arbeiten, welche die knapp 27'000 Studierenden jedes Semester produzieren, ist dies nur schwer verständlich. An deren miesen Qualität kann es nicht liegen. Weder Vertreter der Uni noch solche der Fakultäten oder der Dozierenden geben zu schlechte Leistungen als Hauptgrund für die bedauerliche Situation an.

Kontingent nicht ausgeschöpft

Das Rektorat schickt jedes Semester Einladungsbriefe an alle aktiven Lehrbeauftragten und fordert sie auf, ausgezeichnete Arbeiten ihrer Fakultät für den Semesterpreis vorzuschlagen. Die Fakultäten sammeln die Vorschläge nach internen Kriterien und leiten sie dem gesamtuniversitären Ausschuss weiter. Doch dieser wünscht sich mehr Vorschläge.

Sorgenkind Nummer Eins ist die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät (MNF), von der in den vergangenen zwölf Semestern bloss neun Arbeiten prämiert wurden. Jay S. Siegel, Studiendekan der MNF, begründet den Mangel an Nominierungen damit, dass an seiner Fakultät nur wenige Arbeiten im passenden Format geschrieben würden, für die fakultätsexterne Auszeichnungen existieren.

Das gewünschte Format ist unklar

Norman Backhaus, Titularprofessor für Humangeographie, behauptet, dass die Dozierenden zu wenig informiert seien: «Wären die Anforderungen betreffend Form und Umfang der gewünschten Arbeiten konkreter, würden wohl mehr Anträge eingereicht.»

Die Bolognareform hat dieses Problem zusätzlich verschärft, da sich die Leistungsnachweise diversifiziert haben. Ein Blick auf die jüngst publizierte Liste der Prämierten stützt dieses Argument. Die Uni prämiert querbeet, von der klassischen 15-seitigen Seminararbeit bis hin zur Bachelor- oder Masterarbeit. Die Medizinische Fakultät reicht sogar Dissertationen ein.

Einheitlichere Richtlinien für die Vergabe der Semesterpreise findet Dorothee Rippmann, Professorin am Historischen Seminar, sinnvoll. Sie weiss, wovon sie spricht. Schon fünf Mal haben von ihr vorgeschlagene Arbeiten den Preis abgeräumt. Den Grund für die bescheidene Anzahl Nominierungen sieht sie in der Überlastung der Dozierenden, die oftmals kaum Kapazitäten für den entstehenden Mehraufwand frei hätten.

In Zukunft will die Uni dafür sorgen, dass die Preise nicht mehr verstauben. Am 24. Oktober findet die Preisverleihung darum zum ersten Mal öffentlich statt: im Rahmen des «Tages der Lehre».