Swiffer: Ein werbegetriebenes Superprodukt oder einfach nur frauenfeindlich. zvg

Duell: Swiffer

Der Swiffer wird im Fernsehen und auf Plakatwänden intensiv beworben. Ist der Superbesen wirklich eine gute Sache?

Patrice Siegrist (Dafür) und Hanna Stoll (Dagegen)
26. April 2012

Dafür

Swiffer, what else? Der Staubmagnet aus der Werbung darf bei deinem Frühlingsputz nicht fehlen. Dafür gibt es mindestens drei Gründe, denn nichts ist unmöglich.

Erstens: Swiffer, und es funktioniert. Nicht immer hält die Werbung ihr Versprechen. Das wissen Frauen, seit sie zum ersten Mal eine Alldays benutzten. Sie sind danach nicht den ganzen Tag lachend durch die Welt gehüpft. Und Männer wissen es, seit sie sich das erste Mal mit Axe-Deo einsprühten. Die Frauen suchten das Weite. Beim Swiffer aber funktioniert die Anziehungskraft. Dafür gibt es Beweise. Das deutsche Ipi-Institut für Produktforschung und Information hat im Auftrag des K-Tipp bereits 2002 die Wirkung getestet. Resultat: Herkömmliche Besen können dem Swiffer das Wasser nicht reichen. Nicht nur der Staub fällt dem Swiffer zum Opfer, sondern auch grobkörniger Schmutz, was selbst die Tester überraschte. Die besten Besen aller Zeiten.

Zweitens: Wenn du keinen Swiffer hast, hast du keinen Swiffer. Der Gadget-Effekt beim Swiffer ist riesig. Das Putzen macht einfach mehr Spass mit dieser modernen Staubvernichtungswaffe. Die verstaubten Bücher, der PC-Bildschirm, das Pult, die Kommode, alles lässt sich kinderleicht, ohne Feuchtigkeit und eklige Lumpen oder das Dröhnen eines Staubsaugers, vom Staub befreien. Und dank dem beweglichen Arm des Swiffer Staubmagneten kommt man ohne mühsames Ausräumen in jeden Winkel. Hier gilt also das Motto: Mit Swiffer kannst du es nicht besser, aber länger.

Drittens: Der Staub geht, der Swiffer kommt. Auf in den Kampf gegen brennende Augen, triefende Nasen, juckende Haut und Atemprobleme. Alles Symptome der Hausstauballergie, für welche dein Staub verantwortlich ist. Zumindest indirekt. Denn darin sammeln sich Mitbewohner an, welche in menschlicher Form sofort aus jeder WG geschmissen würden. Sie sind weder stubenrein noch zahlen sie Miete: die Hausstaubmilben. Ihr Kot enthält ein Allergen. Es gibt keinen Anlass, diese Viecher anders zu behandeln als menschliche Mitbewohner. Schmeiss sie aus deiner WG. Der Swiffer ist optimal für die Bekämpfung von Staub, wenn du Allergiker bist. Normale Besen und Tücher wirbeln den Staub nur auf und machen alles nur noch schlimmer.

Also entweder oder – Swiffer?

Drei Gründe, die genug sein sollten. Swiffer, I'm lovin' it!

Dagegen

«Swiffer nimmt dreimal mehr Staub auf als ein herkömmlicher Besen», trällert eine Frauenstimme in der Fernsehwerbung, Version Schweiz. Im Clip sitzt ein Pärchen auf dem Sofa und schreckt auf, als es an der Türe klingelt. Als Frau aufmacht, sieht sie: den Staub, er ist schon wieder da! Welch ein Glück, kann die Dame nun zum Swiffer greifen und dem Bösewicht den Garaus machen. Das geht so schnell, dass Mann gar nicht erst auf die Idee kommt, vom Sofa aufzustehen. Wow, ist Swiffer schnell!

Die aktuelle Werbung aus den Vereinigten Staaten ist noch schöner. Da ist Frau, dem Licht nach zu deuten, am Vormittag zuhause und wischt das Regal sauber. Der «Staubmagnet» von Swiffer verkürzt ihr die Arbeit enorm. Sogar so enorm, dass sie nun Zeit für andere Dinge als Putzen hat. So schnappt sie sich eines der Bücher, die sie gerade vom Staub befreit hat: ein pinkfarbenes, wen wundert's. Es stellt sich heraus, dass Frau sich für ihre Bildung ein besonders hochstehendes Werk ausgesucht hat. Ihr Kind hat es schon gelesen. Wir lernen aus zwei Werbespots: Swiffer ist ein Frauenprodukt – oder einfacher: Putzen ist Frauensache! Jawohl!

Naja, vielleicht ist es gar nicht so falsch, dieses Produkt erwerbslosen Frauen anzupreisen. Swiffer ist im Vergleich zur Konkurrenz unverschämt teuer (24 feuchte Bodentücher kosten 13 Franken und 90 Rappen). Und wie das so ist bei teuren Produkten, die eigentlich auch viel billiger sein könnten, wird bei Swiffer viel in die Kundentreue investiert. «Freebie marketing business model» wird die Strategie genannt, mit der Swiffer seine mehr als 50 Millionen Nutzerinnen akquiriert hat. Und sie damit behalten möchte. Dabei wird das Basisprodukt, in diesem Fall der Bodenwischer, fast gratis veräussert. Die zur Nutzung notwendigen Tücher sind mit einer hohen Marge belegt. Das deckt die Kosten des Basisproduktes und bringt darüber hinaus hohe Gewinne. Mit einem Alltagsgegenstand. Und damit zahlungstüchtige Kundinnen nicht auf die Idee kommen, günstigere Tücher über den beweglichen Bodenwischer zu stülpen, werden die Swiffer-Tücher von Jahr zu Jahr dicker, feuchter, gerippter, genoppter und uns mit zwitschernder Frauenstimme angepriesen.

Was Frau – mit Swiffer teuer erkauft – an Zeit für Haushaltsarbeit einspart, würde wahrscheinlich auch mit Arbeitsteilung gelingen. Denn je nachdem, wie er es anstellt, nimmt auch Mann mehr Staub auf als ein herkömmlicher Besen.