Regelmässig werden Studierende an der Uni Zürich von Bettelnden angesprochen. Louise Østergaard

Betrug im Lichthof

Eine Frau versuchte, von einer Studentin 2000 Franken zu ergaunern. Das ist kein Einzelfall, wie ZS-Recherchen zeigen.

26. April 2012

Andrina* hätte auf einen Schlag 2000 Franken verschenkt. Wenn sie nicht in der ganzen Hektik zu weinen begonnen hätte. Mitten in der Uni. Und das kam so: Die 19-jährige Philosophiestudentin wurde in einer Pause im Gang von einer Osteuropäerin angesprochen. Sie solle doch bitte nicht gleich weitergehen, nicht wie alle anderen. Und ihre Geschichte bis zum Ende hören. Die Kurzfassung: Ihre Tochter sei in der Gewalt ihres Vermieters. Zur Polizei gehen könne sie nicht, da sie keine Papiere habe. Sie brauche 2000 Franken, um ihr Kind freizukaufen – auf der Stelle, unbedingt!

«Ich glaubte ihr. Ich dachte nicht, dass sie mir eine Lüge auftischt», so Andrina. Sie rannte in den Hörsaal, um ihre Bankkarte zu holen. «Ich wollte das Geld wirklich abheben.» Noch während sie durch die Gänge der Universität eilte, brach sie in Tränen aus. «Mir wurde alles zu viel.» Wegen der Tränen fragten Freundinnen, was denn los sei. Als Andrina alles erzählen konnte, wurde ihr der Irrsinn bewusst. Heute ist sie froh darüber, der Bettlerin nicht geholfen zu haben. «Ich war naiv», sagt sie.

Betteln und Hausieren verboten

Rechtlich ist der Fall klar: Paragraph 6 der Uni-Hausordnung verbietet «Betteln und Hausieren». Trotzdem versuchen sich immer wieder Bettler an der Uni. Während der letzten sechs Monate seien zwölf Meldungen über Bettelaktionen auf Universitätsgelände eingegangen, sagt Annette Hofmann, Leiterin der Abteilung Sicherheit und Umwelt der Universität Zürich. In Wahrheit wird wohl noch mehr gebettelt, doch Hofmanns Abteilung erfährt nicht von allen Fällen. Wenn ein Fall wie der beschriebene allerdings gemeldet wird, schreitet die Abteilung Sicherheit und Umwelt ein. Sie informiert die bettelnde Person über das Verbot in der Hausordnung und verweist sie vom Gelände. Wenn das nicht klappt, muss die Identität der Person festgestellt werden. «Bei Bedarf bieten wir dann die Polizei auf», sagt Abteilungsleiterin Hofmann.

In sieben der zwölf Bettelfälle des letzten Halbjahres mussten die Gesetzeshüter auch tatsächlich anrücken. Wenn die Identität der Person feststeht, zieht die Polizei weitere Konsequenzen: Das erbettelte Geld wird konfisziert, für den Bettelnden setzt es eine Busse. Diese kann bis zu 500 Franken betragen. Wenn es sich zudem um eine ausländische Person handelt, wirds noch drastischer: Im Wiederholungsfall kann ihr der Aufenthalt in der Schweiz verboten werden.

Kriminelle Gruppen

In vielen Fällen stammen die Bettelnden denn auch nicht aus der Schweiz. «Es handelt sich oft um Personen aus dem Ostblock, aus Rumänien oder Bulgarien etwa», sagt Marco Bisa, Mediensprecher der Stadtpolizei. Bettelnde aus diesen Ländern seien zudem oft in kriminellen Gruppen organisiert. Gut möglich also, dass von den 2000 Franken, um die Andrina gebeten wurde, weder das angeblich entführte Kind noch die Frau, welche die Geschichte auftischte, profitiert hätte.

*Name der Redaktion bekannt