Die Oase werde zu wenig genutzt, heisst es. Das abgewetzte Sofa spricht eine andere Sprache. Sandy Krammer

Studentische Oase wird trockengelegt

Das Historische Seminar schafft Arbeitsplätze für Doktorierende auf Kosten von studentischem Freiraum. Die kriPo lanciert eine Online-Petition dagegen.

23. Februar 2012

Das Historische Seminar ist eine Wüste. Dieser Eindruck entsteht nicht nur wegen den staubigen Büchern, die dort gestapelt werden, sondern auch wegen dem Schild, das an der Tür des Raums KO2-G-289 hängt. In krakeliger Filzstiftschrift steht dort «Oase». Die Oase kann von allen Studierenden genutzt werden. Neben Kopierer und Scanner stehen Sofa und Sitzgruppe. Erstsemestrige treffen sich nach ihrem Proseminar auf ein Bier, Lerngruppen besprechen ihre Referate, und müde Studis machen einen Mittagsschlaf.

Mit dieser Idylle soll nun Schluss sein. Das Historische Seminar will die Oase diesen Sommer trockenlegen. Grund dafür ist der Platzmangel im Hauptgebäude. Das Historische Seminar wächst und braucht Arbeitsplätze für ein neues Doktoratsprogramm. Monica Kalt, Geschäftsführerin des Historischen Seminars, erklärt, warum es ausgerechnet die Oase trifft: «Der Raum ist in Relation zu anderen Räumen nicht sehr intensiv genutzt, weshalb Vorstand und Geschäftsführung entschieden haben, in diesem Raum das Doktoratsprogramm des HS unterzubringen.»

Geschichtsstudent Fabian Würz ist damit überhaupt nicht einverstanden: «Es gibt so schon zu wenig Arbeitsplätze am Historischen Seminar», kritisiert er. Für Geschäftsführerin Kalt geht der Raum den Studierenden aber gar nicht verloren. «Doktorierende zählen, sofern sie nicht gleichzeitig Angestellte des HS sind, zur Studierendenschaft», argumentiert sie im Namen des Seminarvorstands. Zudem würden gleichzeitig in anderen Räumen weitere Arbeitsplätze für Studierende entstehen. Für Fabian ist das ein schwacher Trost. Die Oase sei eben nicht vergleichbar mit anderen Arbeitsräumen. «In der Oase kann man auch Besprechungen abhalten oder kleine Veranstaltungen organisieren, ohne vorher Formulare für eine Raumreservation ausfüllen zu müssen.»

Ort des studentischen Engagements

Diese Möglichkeit nutzen zahlreiche studentische Gruppen. Neben dem Fachverein, der International Students of History Association, der StuRa-Gruppe Kritische Politik (kriPo) auch die Hochschulgruppe von Amnesty International (AI). Nina Astfalck, Ko-Präsidentin der AI-Hochschulgruppe, wurde erst durch die Recherche der ZS auf die Schliessung der Oase aufmerksam und fällt aus allen Wolken: «Wir nutzen die Oase seit Jahren als Arbeitsraum und möchten das auch weiterhin tun.»

Ebenfalls nicht informiert wurde die kriPo. Andreas Dietschi, Mitglied des kripo-Vorstands, ist empört über die Schliessungspläne. «Es ist ein weiterer Schlag gegen Räumlichkeiten, welche StudentInnen selber gestalten können.» Die kriPo habe zwar ein Büro an der Rämistrasse 62, «es soll aber auch ausserhalb der etablierten Strukturen Engagement möglich sein», sagt Andreas.

Angehörige des Mittelbaus, nehmen die Schliessung der Oase gelassener. Klaus Haberkern, Ko-Präsident der Vereinigung akademischer Mittelbau der Universität Zürich (VAUZ), begrüsst grundsätzlich, dass weitere Arbeitsplätze für Nachwuchsforscher geschaffen werden. «Allerdings bedauern wir, wenn dadurch wichtige und einzigartige Räume verloren gehen», so Haberkern.

Sibylle Marti, Assistentin am Lehrstuhl von Philipp Sarasin, stimmt ihm zu. «Ich finde es schade, dass die Oase in dieser Form abgeschafft wird, aber ich verstehe auch das Historische Seminar. Wir haben an der Uni einfach ein Platzproblem, das wir auf die eine oder andere Art lösen müssen.»

Oase stand schon mal vor dem Aus

Es ist nicht das erste Mal, dass die Zukunft der Oase zur Diskussion steht. Rebekka Wyler, ehemaliges Mitglied des Fachvereins Geschichte und SP-Gemeinderätin, erinnert sich, wie sie vor knapp zehn Jahren vor dem gleichen Problem stand wie die heutigen Geschichtsstudis. «Damals war das Historische Seminar auf der Suche nach Seminarräumen. Wir wehrten uns damals mit dem Fachverein und erreichten, dass die Oase weiterhin den Studierenden offen steht», sagt sie.

KriPo lanciert Petition

Aktuell ist der Fachverein weniger erfolgreich. Er setzt sich zwar für eine möglichst studierendenfreundliche Gestaltung der verbleibenden Arbeitsplätze ein und ist mit der Seminarleitung im Gespräch, die Oase hat er aber aufgegeben. In einem Info-Mail an die Geschichtsstudierenden heisst es: «An dieser Entscheidung kann nichts mehr geändert werden.» Kämpferischer gibt sich die StuRa-Gruppe kriPo. Auf ihrer Homepage ist bereits eine Petition aufgeschaltet, mit der gefordert wird, dass der «einzige studentisch selbstverwaltete Raum an der Uni Zürich» erhalten bleibt.

Auch die Unsereuni-Bewegung, welche vor zwei Jahren die Uni besetzte und ebenfalls zu den Nutzern des Raums gehört, will sich für die Oase einsetzen, wie einzelne Aktive versichern.

Ob auch eine Besetzung in Frage kommt, ist noch offen. Den Kampf auf Wüstensand sind sich die unipolitischen Gruppen noch nicht gewohnt.◊

Unterschreiben kann man die Petition auf

http://www.kripo.uzh.ch/oase/