«Throw-Away-Papers» würden bei Wikipedia an Wert gewinnen. Louise Østergaard

Einspeisen statt Abschreiben

Wikipedia strebt eine Zusammenarbeit mit den Hochschulen an. Die Internet-Enzyklopädie will das Wissen der Studierenden verwerten.

23. Februar 2012

Wir kennen es alle. Das Durchwühlen von Büchern. Die Suche nach einer stichhaltigen These. Und die frustrierende Erkenntnis: Der ganze Aufwand dient vor allem dem Erwerb des Leistungsnachweises. Doch was geschieht mit all den zeitaufwändigen Arbeiten, Essays und Thesenpapieren der Studierenden? Sie werden flüchtig bewertet und verstauben dann für immer in den Untiefen des Uniarchivs. Der Nutzen dieser «Throw-Away-Papers» ist gering.

Die ETH macht mit

Wikimedia sieht in der Arbeit der Studierenden grosses Potential. Die Stiftung hinter Wikipedia will ihren eigenen Nutzen daraus ziehen und das erarbeitete Wissen öffentlich machen. Dazu hat sie das «Wikipedia Hochschulprogramm» entwickelt. Als mögliche Leistungsnachweise sollen Studierende Lexikon-Artikel für die Webseite verfassen.

«Die Forschungsergebnisse würden so einer weltweiten Leserschaft zugänglich gemacht», sagt Denis Barthel, Projektleiter von Wikimedia Deutschland. Dies steigere die Motivation der Studierenden und schule sie in digitaler Medienkompetenz. In Deutschland ist das Hochschulprogramm bereits angelaufen. Im Sommersemester startet die Zusammenarbeit mit fünf Hochschulen und rund 100 Studierenden.

Obwohl Wikimedia Schweiz noch keine Hochschulen konkret angefragt hat, gestaltete die ETH Zürich in Eigenregie eine Zusammenarbeit mit Wikipedia. Achim Walter, Professor für Kulturpflanzenwissenschaften, gab den Studierenden den Auftrag, sich selbst an der Online-Enzyklopädie zu beteiligen. Als Leistungsnachweis diente neben dem Wikipedia-Eintrag ein Referat über den verfassten Artikel.

Die Uni zweifelt

Die ETH signalisiert Offenheit für eine weitere Zusammenarbeit mit Wikipedia. So betont die Medienstelle der ETH Zürich: «Selbstverständlich steht es

jedem Forscher frei, ein Wikipedia-Projekt – wie es Achim Walter gemacht hat – zu realisieren.»

Die Universität Zürich zeigt sich diesbezüglich kritischer. Hier weiss man nichts von einem Austausch mit der Online-Enzyklopädie. Thomas Hildbrand, Leiter des Bereichs Lehre der UZH, kann sich eine Zusammenarbeit mit Wikipedia kaum vorstellen. Auf den Hinweis der ZS, dass an der ETH bereits eine konkrete Zusammenarbeit mit Wikipedia stattgefunden hat, relativiert er seine Bedenken. Dass Studierende im Rahmen eines Seminars Wikipedia-Einträge verfassen, schliesst er danach nicht mehr aus.

Ein Online-Artikel könne die formale Prüfung und Beurteilung aber nicht ersetzen. «Ich kann mir eher den umgekehrten Weg vorstellen. Zuerst schreiben die Studierenden eine Seminararbeit. Danach könnte unabhängig davon noch ein Wikipedia-Artikel erstellt werden.»

Was hältst du von Wikipedia-Artikeln als Leistungsnachweis? Mach mit bei der Facebook-Umfrage unter: www.facebook.com/medienvereinZS