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Wie bloss... immer eine freie Toilette finden?

1. Dezember 2011

Für alle Menschen mit kleiner Blase gibt es keinen schlimmeren Anblick: Ein Putzwagen, der den Weg zur erlösenden Toilette versperrt. Die Verwünschung bezieht sich nicht auf das Putzen an sich. Häufige Toilettengänger schätzen die regelmässige Reinigung besonders. Doch müssen sie resignierte erkennen, dass der Umweg zum nächsten stillen Örtchen das Viertelstunden-Pausen-Budget sprengen würde. Die nächste Vorlesung besuchen sie mit drückender Blase.

Ich gehöre zur Gattung Mensch mit erblich bedingter kleiner Blase. Noch leide ich nicht an Verfolgungswahn, doch gibt mir das sich ständig wiederholende Szenario zu denken. Egal wann, egal wo – die Putzfrauen scheinen omnipräsent.

Für mein Problem gibt es jedoch Abhilfe: Der Putzplan. Fein säuberlich wird nach jeder Reinigung Datum und Uhrzeit in eine Tabelle eingetragen. Netterweise hängt dieser Plan an der Eingangstür der Toilette. Somit ist er auch für mich zugänglich. Das Reinigen des stillen Örtchens ist eine äussert strukturierte Angelegenheit. Kurz nach 6.00 begeben sich die Putzfrauen an ihr Werk. Gestartet wird im Stockwerk H. WC für WC arbeiten sie sich abwärts, bis sie im Lichthof angelangt sind. Die Uhrzeiger stehen dann etwa auf 6.30. Dasselbe Szenario wiederholt sich um 10 Uhr, 12 Uhr, 15 Uhr und 17 Uhr. Es scheint, als könnte den geschlossenen Toiletten ausgewichen werden.

Doch keine Regel ohne Ausnahme. 9.45, Stockwerk G: Es hat soeben zur Vormittagspause geklingelt. Ich biege um die Ecke und stosse beinahe mit dem Putzwagen zusammen. Ausserordentliche Reinigung. Wieder stehe ich vor der Frage: Treppe hoch oder Treppe runter? Ich entscheide mich für Stockwerk E. Mit geleerter Blase lassen sich die Stufen womöglich leichter erklimmen.