Nach zwei Wochen musste der Baron zurück in sein Rotes Schloss. Lukas Messmer

Der Baron sass wieder im Rondell

Mit der Hoffnung auf Liebe kehrte Meinhard von Seckendorff nach Zürich zurück. Doch nach zwei Wochen musste der Student mit den 90 Semestern wieder ins Exil.

23. November 2011

Er war wieder hier, in seinem Revier. Im November ist Meinhard von Seckendorff in sein natürliches Habitat, an die Uni Zürich, zurückgekehrt. «Der Baron ist wieder da», flüsterten sich Berufsstudierende und andere langjährige Unibewohner zu. Der Baron (der eigentlich ein Freiherr ist) tat, was er auch früher zu tun pflegte: Er trank Kaffee, er sah den jungen Studentinnen hinterher und besuchte Vorlesungen über dieses und jenes. «Aber nur Antrittsvorlesungen», versichert der Baron. Er bezahle ja keine Gebühren mehr und wolle nicht schmarotzen, das erlaube seine preussische Erziehung nicht. «Immerhin», schickt er nach, «gibts nach den Antrittsvorlesungen Gratisapéros.»

Das nächste Date wartet

Im Februar widmete die ZS dem unglücklichen Adligen ein längeres Porträt, das nicht ohne Echo blieb. Diverse Zeitungen schickten selbst Journalisten los, und das Schweizer Fernsehen strahlte einen «Reporter» über Meinhard von Seckendorff aus. Der Baron wurde für kurze Zeit zum kleinen Medienstar.

Die mediale Aufmerksamkeit hatte eigentlich nur Gutes. Für die «Reporter»-Dreharbeiten durfte er gar für drei Tage in sein geliebtes Zürich zurück, wo er wieder im Hotel Walhalla ein Zimmer bezog (20 Jahre lang hatte von Seckendorff dort gewohnt).

Mit der Berichterstattung kam auch die Hoffnung auf Liebe zurück. Eine Zürcher Lehrerin namens Pinia Girtanner, deren Sohn ebenfalls ewiger Student an der Uni Zürich ist, schrieb dem Baron einen Brief und lud ihn zu sich nach Zürich ein. In amouröser Hinsicht waren die vergangenen Jahre für den Charmeur von Seckendorff eine Durststrecke gewesen. Nach dem Krebstod seiner zweiten Frau 2003 fand er keine neue Freundin mehr, und eine Cousine zweiten Grades namens Celia, in die er verliebt war, wollte nichts von ihm wissen.

Das erste Treffen des Barons mit Pinia Girtanner anlässlich der Dreharbeiten zum «Reporter» fand unter stetiger Kamerabegleitung statt, was der Lehrerin eher unangenehm war. Deshalb lud Girtanner den Baron im November erneut für zwei Wochen ein, damit sie sich in Ruhe kennen lernen konnten. Tagsüber streifte der Baron an der Uni und in der Stadt herum, ausgerüstet mit einem Taschengeld, abends bewirtete Girtanner den Adligen. Doch dabei blieb es. «Es war schön, aber mit der Liebe hat es nicht geklappt», resümiert Meinhard von Seckendorff. Ende November kehrte er nach Obernzenn zurück.

Es ist zum Heulen. Der Baron ist wieder im Exil, seinem Roten Schloss mit der Heizung, die manchmal den Geist aufgibt, im oberbayrischen Loch mit dem bildungsfernen Volk, das sich gemäss dem Baron bloss für Motorräder und Fussball interessiert und ihn manchmal nicht am Stammtisch sitzen lässt. «Wenigstens konnte ich wieder Zürich und die Uni besuchen», tröstet er sich. Ein nächstes Date hat er auch schon. Eine Frau aus einem Nachbardorf, die in einer Zeitung über ihn gelesen hat, möchte ihn gerne kennen lernen.