Nina Astfalck engagiert sich neben dem Studium ehrenamtlich für Amnesty International. Patrice Siegrist

Nina und die Menschenrechte

Sie ist links, aber nicht ideologisch. Sie will mehr Transparenz, aber nicht missionieren. Die Diplomatie ist ihr grosses Ziel.

20. Oktober 2011

Eine Diplomatin durch und durch. Nina Astfalck bespricht sich zuerst mit ihrer Co-Leiterin der Hochschulgruppe Amnesty International, bevor sie sich für ein Gespräch zur Verfügung stellt. Grundsätzlich möchte sie aber sofort. Nein sagen fällt ihr schwer. So lädt sie sich immer wieder Unmengen Arbeit auf.

Nina kommt selten zur Ruhe. Da kommt auch mal der Freund zu kurz. Ihre Kollegen müssen sie oft bremsen. «Nimms mal chli easy», hört sie immer wieder. Doch: «Wenn mich etwas begeistert und ich zu etwas Ja sage, dann will ich es auch richtig machen», erklärt sie. Deshalb hält sie nichts von halbherzigen Engagements.

Seit 2008 leitet die 27-jährige Geschichts- und Politostudentin zusammen mit einer Kollegin die Hochschulgruppe Zürich von Amnesty International. Mitglied ist sie bereits seit 2005.

Dass sie sich sechs Jahre später immer noch einsetzt, hat zwei Gründe: Erstens steht sie voll und ganz hinter den Menschenrechten. Zweitens hat sie das junge Team, welches etwas bewegen und auf die Beine stellen will, gepackt.

Sie gestikuliert wild, wenn sie über ihre Arbeit bei Amnesty International spricht. «Ich will, dass die Leute auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam werden.» Es liege ihr am Herzen, dass die Welt transparenter wird und jeder Mensch in Würde leben kann.

Sie wählt Rot-Grün

Mit den Menschenrechten missionieren will sie aber nicht: «Der Einsatz für die Menschenrechte braucht Sensibilität für andere Kulturen.» Und sie sei sich bewusst, dass diese ein Produkt der westlichen Kultur sind.

Immer wieder betont Nina, dass ihre Arbeit nicht im direkten Sinne politisch sei. Für Ideologien hat sie wenig übrig. Deshalb mache sie auch beispielsweise nicht bei der JUSO mit. «Ich respektiere die JUSO als Partei und teile gewisse Ideen», sagt sie, doch damit identifizieren könne sie sich nicht. Links ist sie trotzdem. So wählt sie am 23. Oktober Rot-Grün. Mehr gibt Nina nicht preis.

Früh übt sich die Diplomatie

Ihre Worte unterstreicht sie bewusst mit unzähligen Gesten. Wahrscheinlich versucht sie, ihren Argumenten mehr Ausdruck zu verleihen. Ihre Worte wählt sie stets mit Bedacht. Nina übt sich in der Diplomatie. Sie träumt davon, dereinst in Lateinamerika Diplomatin zu sein. Erfahrungen hat Nina bereits gesammelt. Sie erzählt von ihrem Praktikum auf der Schweizer Botschaft in Kolumbien – einer «interessanten» und «spannenden» Erfahrung. Konkreter wird sie nicht.

Das Ringen um die richtigen Worte

In ihrem Praktikum merkte Nina, dass die Diplomatie nicht der einzige Weg für sie sein muss. Die humanitäre Hilfe würde sie auch reizen. Und zwar deshalb, weil man da mit… Nina sucht nach dem politisch korrekten Wort. Nach mehreren Fehlversuchen und einigen abgehackten Sätzen kommt sie zum Schluss: «Weil man da in direkten Kontakt mit Menschen in Not kommt.»

Selbstkritik als grösste Schwäche

Trotz ihrem vollen Terminkalender hat Nina ein soziales Umfeld, auf das sie zählen kann. Es ist der ruhige Pol in ihrem Leben. «Mein Freund ist immer für mich da, wenns bei mir wieder einmal zu viel wird.» Und ihre Kollegen würden sie immer wieder aufbauen, wenn wieder ihre grösste Schwäche ans Tageslicht komme: «Ich bin sehr selbstkritisch und stelle hohe Ansprüche an mich.»

Wenn Nina über ihr Privatleben spricht, ändert sich ihre Körpersprache drastisch. Sie verschränkt die Arme, errötet und schaut ins Leere. Sie wartet lange, bis sie auf Fragen antwortet, weicht ihnen aber nicht aus. «Ich bin als Älteste von vier Geschwistern in Stäfa aufgewachsen.» Das sei nicht mehr Goldküste, betont sie. Ihr Vater war selbständiger Architekt. Ihre Familie sei stets sehr sozial gewesen. «Uns Kindern wurde vermittelt, dass nicht alle so privilegiert sind wie wir.»

Ihr Eltern seien auch nicht die Typen gewesen, die jeden Abend zu Hause sitzen und Zeitung lesen. Sie seien sehr engagiert. «Mein Vater ist beim ‹Kiwanis-Club› aktiv. Das ist eine ähnliche Organisation wie der Lions oder Rotary Club», sagt sie. «Dort half er auch mal beim ‹Pfuusbus›, einem Obdachlosenprojekt von Pfarrer Sieber, mit.» All das habe sie sehr geprägt, stellt Nina fest.

Was aber noch mehr dazu beigetragen habe, dass sie sich heute für die Menschenrechte einsetzt, sei die Zeit am Gymnasium in Küsnacht gewesen.

Wohin geht die Reise?

Nina hält inne. Einige Sekunden verstreichen. Sie öffnet die Arme wieder. Und das Gesicht entspannt sich. Weg vom Persönlichen. Das Gespräch dreht sich wieder um ihre Zukunft. Hin zu ihren Projekten, ihren Plänen.

Sie will weiterhin ihre Ziele verfolgen. Das Liz abschliessen. Die Diplomatinnen-Prüfung versuchen. Ins Ausland gehen. Wieder zurück in die Schweiz kommen. «Wahrscheinlich», relativiert sie diplomatisch.