Flogen wegen einer schlechten Bewertung mehr Studierende durch die Prüfung? Samuel Nussbaum

«Die schlechteste Vorlesung!»

Studierende werfen María Sáez-Martí vor, sie habe absichtlich viele durchfallen lassen. Die Wirtschafts-Professorin widerspricht.

5. Mai 2011

Maximilian* erhebt schwere Vorwürfe. Der BWL-Student im 6. Semester ist davon überzeugt, dass seine Professorin an den Studierenden Rache geübt hat.

Im Herbstsemester 2010 besuchte er die Game-Theory-Vorlesung bei María Sáez-Martí. In der anschliessenden Prüfung fielen viermal mehr Studierende durch als im Semester zuvor. Maximilian und viele Mitstudierende sind davon überzeugt, dass das mit dem niederschmetternden Resultat der Vorlesungsevaluation zusammenhängt.

«Die Vorlesung war wohl die schlechteste, die ich bisher an der Uni besucht habe.» So fasst Fabian*, 6. Semester BWL, die Veranstaltung zusammen. Maximilian erklärt: «Beim Lösen der Übungen in den Vorlesungen wurden andauernd Fehler gemacht, es wurden aber keine Musterlösungen hochgeladen, obwohl diese existiert hätten und von Studentenseite her immer wieder verlangt wurden.»

Weiter beschreiben Studierende die Veranstaltung als «chaotisch und unstrukturiert». Wegen des Evaluationsergebnisses und weil die Prüfung laut Fabian im Vergleich zu der vorhergehenden schwieriger war, sollen 27 Prozent der Studierenden die Prüfung nicht bestanden haben.

«Überaus talentierte Professorin»

Sáez-Martí weist den Vorwurf, Studierende wegen einer miesen Evaluation durchfallen zu lassen, von sich: «Das wäre unprofessionell.» Zudem hätten auch nur 10 Prozent der Studierenden an der Umfrage teilgenommen.

Für sie liegt das Problem bei der hohen Teilnehmerzahl der Vorlesung. Waren 2009 noch etwa 120 Studierende in der Game-Theory-Vorlesung, nahmen ein Jahr später um die 270 daran teil. Für so viele Teilnehmende habe es einfach zu wenige Übungseinheiten gegeben. Zudem hätten einige Studierende häufig gefehlt, wenn Aufgaben im Plenum gelöst wurden.

Die Prüfung, so Sáez-Martí weiter, sei ähnlich schwierig gewesen wie in den vergangenen Semestern, und das Benotungssystem sei dasselbe gewesen. «Das Thema, die Lektüre und fast alle präsentierten Folien waren dieses Semester identisch mit denen der vergangenen Jahre.»

Alexandra*, die Banking & Finance im 8. Semester studiert, sieht die Schuld an der hohen Durchfallquote bei den Studierenden selbst. «Frau Sáez-Martí ist eine überaus talentierte Professorin. Wir Studenten sind einfach faul, und wenns dann halt mal nicht ganz reicht, ist es am einfachsten, die Dozentin für das Nichtbestehen verantwortlich zu machen.»

Die Fakultätsleitung hat bereits reagiert: Nächstes Semester werden mehr Übungseinheiten angeboten.

* Namen der Redaktion bekannt