Erster Debattierclub der ETH

Was in den USA und in Deutschland schon Tradition hat, gibt es nun auch an der ETH. Der erste Debattierclub ist entstanden.

23. September 2010

Ich bin gespannt, was mich da erwartet. Der Debattierclub der Studierenden der ETH Zürich hat zu seinem ersten Debattierabend geladen. Schon vor Betreten des Hörsaals weisen mir die engagierten Stimmen der Clubmitglieder den Weg zum Ort des Geschehens. Richard, ein Chemieingenieur im dritten Semester, steht an der Tafel und notiert die Themen, die ihm seine Mitstreiter zurufen.

«Generell kann man jedes Thema debattieren», erklärt er mir. Meist sind das Themen aus Politik, Gesellschaft oder Kultur. Es gibt aber auch Spassdebatten mit Streitfragen, wie zum Beispiel «Das Verbot von Weihnachtsbäumen für Privathaushalte». «Die machen den Rednern und Zuhören besonders viel Freude», erzählt Richard. Das Thema der Debatte ist jedoch sekundär, es geht viel mehr darum, das Reden, die Schlagfertigkeit und das Argumentieren zu trainieren. Alles Dinge, die im Uni-Alltag oft zu kurz kommen. Natürlich müssen sich die Debattierenden dabei an gewisse Regeln halten (siehe Box).

Heute steht das Thema Managementgehälter zur Debatte. Das Los entscheidet, welche Position die Debattierenden einnehmen müssen. Dadurch vertreten die Redner und Rednerinnen oft Meinungen, die nicht der eigenen entsprechen. So erlernt man das «Handwerk» des Debattierens: den Aufbau von Argumenten und das überzeugende Reden, sei es nun die eigene Meinung oder nicht. Mir fällt auf, dass sich nur eine Frau an der Debatte beteiligt. Ob das wohl an der tiefen Frauenquote der ETH liegt? Richard, der bereits zwei Jahre lang Debattiererfahrungen in Deutschland gesammelt hat, legt als erster Redner der beginnenden Regierung los. Er stellt den Antrag, dass alle Gehälter von Managern von DAX-notierten Unternehmen auf eine Million Franken gedeckelt werden sollen. Die Debatte hängt sich dann an den Fragen auf, ob der Status quo gerecht ist und inwiefern der Antrag Gerechtigkeit schafft.

Trotz der hitzigen Reden finde ich die Stimmung angenehm. Es geht nicht primär ums Gewinnen, sondern darum, sich gegenseitig zuzuhören und fundiert über Themen zu diskutieren. Zwar werden einige Redner laut, bleiben jedoch sachlich, persönlich verletzende Bemerkungen fallen keine. Die Debattierenden fallen sich nicht ins Wort, sondern halten sich an die Regeln. Auch geniale Zwischenfragen werden nicht einfach reingerufen. So hat der Juror des heutigen Abends wenig zu tun. David Grotzky ist Chefjuror der Deutschen Meisterschaften 2010 und selbst erfahrener Debattierer. Er kürt die Debattierenden, die zuerst in der Opposition waren, zum Sieger. Enttäuscht ist jedoch niemand. Anschliessend gehen wir zu dritt noch ein Bierchen trinken und lassen den Abend ohne weitere Debatten entspannt ausklingen.

Regeln des Debattierclubs

– British Parliamentary Style

– Vier Teams mit je zwei Personen, zwei Pro- und Contra-Fraktionen zugelost

– 15-minütige Vorbereitungszeit

– Jeder Redner hat sieben Minuten Zeit, die Gegenseite rhetorisch auszustechen. Abwechslungsweise kommen alle Redner zu Wort.

– Eine Jury entscheidet über Sieg oder Niederlage.

Links

Der Debattierclub