War der lange Kampf für eine SUZ umsonst? Samuel Nussbaum

Kampf gegen Windmühlen

Seit Jahren setzt sich der StuRa für eine verfasste Studierendenschaft an der Universität Zürich ein. Jetzt droht dem Projekt durch internen Widerstand das definitive Ende.

18. Mai 2010

Ob die Universität Zürich je wieder eine verfasste Studierendenschaft (SUZ) erhält, steht in den Sternen. Seit Neustem bestimmt nicht nur der Kantonsrat über ihr Schicksal, sondern auch die StuRa-Fraktion «die.Fachvereine.ch». Diese hat einen Antrag gestellt, auf dass der StuRa den Kantonsrat darum bittet, die bereits eingereichte parlamentarische Initiative des grünliberalen Kantonsrats Andreas Erdin abzulehnen. Zudem seien die Arbeiten im Zusammenhang mit der Erlangung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft einzustellen, da diese nicht im Interesse der Studierenden seien, heisst es im Antrag weiter. Darüber kann sich Sylvie Fee Michel, ehemalige StuRa-Präsidentin und zu einem grossen Teil an der Initiative und dem Kontakt zu Erdin beteiligt, nur wundern: «Das Vorgehen von ‹die.Fachvereine.ch› ist unglaublich. Wenn das Projekt jetzt abgelehnt wird, dann ist es für immer gestorben.»

«Es braucht eine Körperschaft»

Da der Studierendenrat keine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist, kann er keine eigenständigen Verträge abschliessen, selbst keine externen Fachkräfte zur Unterstützung seiner Arbeit anstellen und auch nicht Mitglied der von der früheren SUZ gegründeten Kommissionen (z.B. Woko) sein. Er ist in seiner Finanzierung und bei seinen Projekten ganz von der Uni abhängig. Diese zeigte sich zwar immer sehr kulant, dennoch sei die Situation verbesserungswürdig, findet Gwendolyn Marx, Präsidentin des StuRa: «Der StuRa ist die gesamtuniversitäre Vertretung der Studierendenschaft, aber im Moment kann er die Studierenden ausser durch unipolitische Arbeit nicht unterstützen.» Um das zu ändern, brauche es unbedingt eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

Widerstand im StuRa

«Wenn du etwas ändern willst, musst du erst einmal begründen, warum etwas geändert werden soll», findet David Studerus, Präsident der StuRa-Fraktion «die.Fachvereine.ch». Die Fraktion sei ganz klar der Meinung, dass sich etwas ändern müsse im StuRa und dass zum Beispiel die Ratssitzungen interessanter gestaltet werden sollten. Aber das könne auch ohne neue Körperschaft geschehen. Das Misstrauen gegen die geplante SUZ entstand laut Studerus nicht von heute auf morgen. Er bemängelt das Vorgehen der Kommission und des StuRa-Büros, welches das Projekt vor der Überweisung der Initiative nicht mehr zur Abstimmung vor den ganzen Rat gebracht hat. «Deshalb haben wir jetzt auch den Antrag eingebracht», erklärt Studerus. Es müsse eine neue Abstimmung für oder gegen die SUZ geben. Der Antrag kritisiert, dass die Ziele, welche durch die Wiedererlangung der öffentlich-rechtlichen Körperschaft erreicht werden sollen, mit dieser nicht in Zusammenhang stünden. Weder werde die Mitsprache der Studierenden durch eine Körperschaft ausgebaut, noch nehme die Unabhängigkeit von der Uni zu, da eine Körperschaft genau gleich im Universitätsgesetz verankert wäre wie der jetzige StuRa. Auch bezweifelt die Fraktion, dass sich das tatsächliche Angebot aufgrund der Körperschaft verbessern würde. Bereits jetzt bekomme der StuRa von der Universität CHF 150’000 pro Jahr, was in den vergangenen Jahren immer für alle Projekte gereicht habe.

Mehrwert für die Studierenden

«Das finanzielle Argument ist völlig hinfällig», findet StuRa-Präsidentin Marx. Allein schon mit der Mitgliedschaft von einem Viertel aller Studierenden, hätte man ein grösseres Budget zur Verfügung als jetzt. Ein Vergleich mit den Universitäten Bern, Basel und Lausanne zeigt, dass dort trotz weniger Studierenden das Jahresbudget der Studierendenvertretung en doppelt bis viermal so hoch ist. Weit mehr als drei Viertel aller Studierenden treten der Studierendenschaft bei. Marx ist sich bewusst, dass eine Körperschaft etwas bieten muss, um Mitglieder zu gewinnen. «Aber ich sehe nicht, warum es ausgerechnet hier nicht möglich sein sollte, genügend Studierende zu erreichen», sagt sie. Eine öffentlich-rechtliche Körperschaft könne durch eine entsprechende Struktur die gesamte Studierendenschaft vereinen und die Vertretung und Mitsprache auf Instituts- und Fakultätsebene erheblich verbessern. Die Körperschaft würde zudem nicht nur unipolitisch einen Mehrwert bieten. «Man könnte den Studierenden Räume für Feste oder Lerngruppen zur Verfügung stellen, ein eigenes bQm einrichten, das Studententheater unterstützen oder ein Uniorchester auf die Beine stellen», zählt Marx auf.

Geheime Sitzungen

Diese Argumente überzeugen nicht alle. Gemäss Studerus hat bereits im Januar ein Informationsaustausch mit einem Mitglied aus der Kommission für Bildung und Kultur (KBIK), welche die Initiative behandelt, stattgefunden. Zu dem Zeitpunkt stand noch kein klares SUZ-Modell fest. Laut Marx wurde bisher bestritten, dass es sich dabei um eine gezielte Kontaktaufnahme gehandelt hat. Doch offenbar hat das Gespräch gewirkt: Die SUZ-kritische SVP bestand bei der letzten Sitzung mit der KBIK darauf, dass neben jeweils zwei Vertretern des StuRa und des VSETH auch zwei Vertreter der «kritischen Fachvereine» eingeladen werden, wie es die Sekretärin der KBIK formulierte. Zwei Monate nach diesem Informationsaustausch hat Studerus einzelne Fachvereine unter Geheimhaltung eingeladen, um über die geplante SUZ und deren Folgen zu diskutieren. Ein Protokoll dieser Sitzung existiert nicht.

Verschiedene Bedürfnisse

Mitte April hat auch der StuRa zu einer Diskussionsrunde mit den Fachvereinen gebeten. Rund 20 folgten der Einladung. Im Gespräch stellte sich heraus, dass die derzeitige Situation der einzelnen Fachvereine äusserst unterschiedlich ist. Die einen können direkt auf Fakultätsebene mit ihrem jeweiligen Dekan die Probleme der Studierenden verhandeln. Andere haben – besonders an der Philosophischen Fakultät − bereits auf der Ebene ihres Instituts Mühe, ein offenes Ohr zu finden. In einigen Fächern gibt es gar keine Fachvereine, in anderen erfüllen sie zentrale Aufgaben, zum Beispiel bei der Betreuung von Studienanfängern, beim Verkauf von Skripten oder bei der Prüfungsvorbereitung. «Vieles funktioniert bereits jetzt auch ohne SUZ», zeigt Studerus am Beispiel der in diesem Semester erstmalig stattfindenden Treffen von über 20 Fachvereinen auf. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangslage stellt sich aber die Frage nach allfälligen Veränderungen, für jeden Fachverein grundlegend anders. Am Schluss der Veranstaltung wurde von den anwesenden Fachvereinen darüber abgestimmt, ob man das Projekt weiter verfolgen möchte. Abgesehen von einigen Enthaltungen gab es keine Gegenstimme. Wie die Beteiligung der Fachvereine an der SUZ aussehen könnte, wird deshalb eine neu gegründete Arbeitsgruppe der Fachvereine zusammen mit der bisherigen SUZ-Arbeitsgruppe des StuRas diskutieren. Über den Antrag von «die.Fachvereine.ch» wurde am vergangenen Mittwoch nach Redaktionsschluss abgestimmt.