Der erste Bioinformatik-Student der UZH: Alon Dolev. Patrice Siegrist

Baustelle Bioinformatik

Ein neu geschaffener Studiengang kämpft noch mit Kinderkrankheiten. Wie ein Student sein eigenes Curriculum mitbestimmt.

18. Mai 2010

Alon Dolev ist Bioinformatikstudent. Damit ist er einzigartig – zumindest fast. An der Universität Zürich belegen es lediglich zwei Studenten im Hauptfach. Alon war der erste, der sich 2008 auf dieses Experiment einliess. Seit da ist sein Studium ein einsamer Kampf. «Zu Beginn hatte ich weder einen Stundenplan noch eine Wegleitung», erklärt der 22-Jährige. Nach geraumer Zeit erhielt er schliesslich von einer zuerst ratlosen Sekretärin eine Wegleitung. Sie glich einer Skizze und war abgesehen von der Bolognapunkterechnung wenig durchdacht. Nach dieser Wegleitung hätte Alon im ersten Semester Biochemie belegen müssen, zusammen mit Biologiestudierenden, die schon mindestens zwei Semester weiter waren. «Die Biologen hatten dann bereits Anorganische und Organische Chemie, Genetik, Statistik sowie Mathematik», erzählt Alon. Ohne dieses Vorwissen war die Zwischenprüfung für ihn nicht machbar.

Er liess sich weder entmutigen, noch wollte er den Innovationsgeist der Universität in Frage stellen. Er setzte sich in den Kopf, diese Missstände zu beseitigen. Mitte des ersten Semesters wurde Alon vom Sekretariat des Informatik-Instituts über Umwege an Professor Renato Pajarola weitergeleitet. In Zusammenarbeit mit ihm konnte er erste, sinnvolle Änderungen im Curriculum vornehmen. «Die jetzige Version passt die Informatik- und Bioanteile gut aneinander an, wir müssen dies aber natürlich kontinuierlich anschauen», erklärt Professor Pajarola. Alon hilft das wenig, und sein Studium verzögert sich um mindestens ein halbes Jahr.

Semester um Semester wiederholt sich dieses Spielchen mit der Umgestaltung des Studiengangs. Auch im nächsten Semester wird es für ihn kaum anders sein. «Das zehrt mächtig an den Kräften, wenn man alleine kämpfen muss», betont Alon. Seine letzte Schlacht ist noch lange nicht geschlagen. Auf ihn und die nachfolgenden Generationen seines Studiengangs warten Probleme beim Übertritt in die Masterstufe.

Absurderweise sind die Hauptfach-Bioinformatiker an der Wirtschaftswissenschafltichen Fakultät angesiedelt, während die Nebenfachstudierenden sinnvollerweise an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät (MNF) sind. Dies erschwert es, einen Master im Ausland zu machen, weil Bioinformatikstudierende im Grunde ein naturwissenschaftliches Fach belegen. Zudem fehlen einem beim Übertritt in die Masterstufe (hier in Zürich) die mathematischen Grundlagen, denn die Mathematik und Statistik der Wirtschaftler ist nicht darauf ausgelegt. «Man müsste im Bachelor zusätzliche Module in beispielsweise linearer Algebra buchen und kann so weniger Punkte in Fächern der Biologie und Chemie besuchen», bedauert er. Pajarola betont: «Wir erwarten, dass der Bachelor in Bioinformatik als solide Grundlage dienen wird für fortgeschrittene Master-Studiengänge.»

In den nächsten Wochen strebt Alon weitere Gespräche mit Verantwortlichen an, um diese Missstände zu beheben. Er gibt nicht auf. «Dieses Pioniergefühl hat mich so richtig gepackt.»