Mobility-Autos mit der Legi mieten. Patrice Siegrist

Alles auf eine Karte

Mit der Legi Autos mieten, kopieren und bezahlen. Was andere Hochschulen bereits umgesetzt haben, ist an der Uni noch Science-Fiction.

18. Mai 2010

Seit zwei Jahren haben wir die neue Legi – und ein Initiationsritual zum Semesterbeginn: Validierungs-Automaten aufsuchen, Karte verfüttern. Diese wird gebrandmarkt beziehungsweise ihr laut Herstellerfirma 1000-mal bedruckbarer Thermodruckstreifen neu beschriftet. Aufs Neue validiert und legitimiert, ziehen wir fröhlich von dannen.

Nur schon für dieses erbauliche Ritual haben sich die 1,2 Millionen Franken für die Einführung dieser High-Tech-Legitimationskarte gelohnt. Dank der neuen UZH Card müssen auch nicht mehr für jedes Semester neue Karten gedruckt und verschickt werden. Das entlastet die Umwelt und – auf lange Sicht – das Uni-Budget. Die 60%-Stelle zur Betreuung der neuen Errungenschaft ist ein Beitrag gegen die Wirtschaftskrise. Die Legi ersetzt sogar den Bibliotheksausweis, denn auf dem eingebauten RFID-Chip können Daten gespeichert werden.

Das Kartenbüro versichert, dass kein abgekartetes Spiel mit unseren Daten getrieben wird: Es sei lediglich eine Kartennummer drauf, ausserdem könne die nur aus einer Distanz von 5–10 cm abgelesen werden.

Illegalen Datenklau hat die Uni offiziell nicht im Sinn. Dass sie uns mit der Legi ganz legal das Leben leichter machen könnte, hat sie aber offenbar auch vergessen. Zum Beispiel? Als Prepaid-Kreditkarte mit Geld aufladen lassen – und dank bargeldlosem Bezahlen die Wartezeiten in der Mensa verkürzen. Und die Copy Card ersetzen sowieso.

An der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) ist das längst verwirklicht. Noch dazu haben ZHAW-Angehörige mit ihrer Campus Card rund um die Uhr Zugang zu allen Einrichtungen. Auch ETH-Studierende haben gute Karten: Sie können damit Mobility-Autos mieten und per ÖV zwischen Zentrum und Hönggerberg pendeln, ausserdem ist die Anwendung für Schliessfächer geplant. Denkbar wären auch Info-Bildschirme, die einem nach Hinhalten der Legi den Stundenplan anzeigen.

Und welche Pläne hat die Uni? Laut Website sind weitere Anwendungen «für später eingeplant». Auf die entsprechende Anfrage hin traf bis Redaktionsschluss ein internes Mail ein: «Was machen wir bei solchen Anfragen?»

Vorbildliche Transparenz oder einfach verklickt – jedenfalls, selbst was an der ZHAW längst «angewandte Wissenschaft» ist, bleibt an der Uni erst einmal Science-Fiction. Aber warten wir ab. Vielleicht werden ja die Forscher von Uni und ETH dereinst die menschliche Lebenserwartung so weit hochschrauben, dass wir in 500 Studienjahren wenigstens die Bedruckbarkeit des Thermodruckstreifens voll ausnutzen können.