Die Vorgänge bei der Zentralstelle sind schwierig zu durchschauen. Patrice Siegrist

Bei der Zentralstelle hängt der Haussegen schief

Nach Intriganten, Bilanzmanipulatoren und Hobby-Spekulanten hatte die Zentralstelle endlich eine saubere Geschäftsführerin. Nun hat der Stiftungsrat sie nach fünf Jahren entlassen.

27. April 2010

Die Zentralstelle der Uni Zürich (ZSUZ) hat ein schlechtes Jahr hinter sich: 400’000 Franken Minus hat das Unternehmen gemacht.

An der letzten Sitzung des StuRa, der die ZSUZ in letzter Instanz beaufsichtigt, sorgten aber nicht die schlechten Zahlen für Aufruhr, sondern die Entlassung der Geschäftsführerin Anette Ahlèn und die darauf folgende Demission von drei StiftungsrätInnen.

Der Stiftungsrat fungiert mehr oder weniger als Verwaltungsrat der ZSUZ und besteht aus sieben StuRätInnen und zwei externen Mitgliedern. Die Zentralstelle ist so etwas wie das Service-Public-Unternehmen für die Studierenden und besteht aus sieben Millionen Jahresumsatz, 30 Mitarbeitern, je zwei Druckereien, Unikiosken, Papeterieläden, der Arbeitsvermittlungsstelle, einem Buchladen und dem berühmten Schwarz-Gelb-Giraffenlogo.

Wann gab es keinen Zoff?

Jetzt hängt ein Vorwurf im Raum: Die beiden Stiftungsräte Adrian Joss und Christian Hagen (im StuRa in der Fraktion «Die Fachvereine») hätten in den letzten Jahren die Macht an sich gerissen, um die Geschäftsführerin loszuwerden.

Auch wenn es so mafiös wohl nicht zu und her gegangen ist – Fakt ist: Es hat Knatsch gegeben im Zentralstelle-Stiftungsrat. Andererseits muss man die rhetorische Frage stellen: Wann hat es in den letzten Jahren eigentlich nicht geknatscht im Stiftungsrat?

Ein Grund für die ständigen Reibereien ist, dass sich der neoliberale Umbau der Schweizer Wirtschaft auch im studentischen Unternehmen spiegelt. Bis Mitte der 90er-Jahre war die Zentralstelle ein, sagen wir mal, gemütlicher Studierendenbetrieb.

Seither wurde sie in mehreren Schüben zu einer wettbewerbsfähigen Firma mit Management umgemodelt. Den einen Stiftungsräten ging das zu schnell, für die anderen konnte es nicht schnell genug gehen. Diesen Zwist trugen grob definiert linke gegen bürgerliche Stiftungsräte aus.

Schlechte Wirtschaftskapitäne

Kam hinzu, dass mit den Managern auch das ganze Elend dieser Kaste einzog, und zwar in einer absurden Häufung: Unfähigkeit, Grössenwahn, Gier. Ein Geschäftsführer stellte sich nach wenigen Wochen als Alkoholiker heraus. Ein Kadermitlied pflegte seine Leute anzuschreien und gegen die Geschäftsführerin zu intrigieren.

Der Gipfel war aber gemäss einer gut informierten Quelle die lange Amtszeit eines Geschäftsführers in den 90ern, dessen Höchstleistungen erst nach langer Zeit aufflogen: Erst bildete er statutenwidrig stille Reserven und gaukelte den Stiftungsräten einen grösseren Gewinn vor.

Studierende stehen Managern vor

Dafür belohnte der Geschäftsführer sich mit einem stolzen Salär und machte seine Frau zur Finanzchefin. Zusammen verdienten sie 400’000. Um nicht mit dem Tram zwischen Uni Zentrum und Uni Irchel pendeln zu müssen, hielt er sich zudem einen Privatchauffeur.

Das alles toppte er, als er in den fetten Jahren Ende der 90er mit dem Unternehmensgewinn an der Börse spekulierte. Leider platzte dann die Dot.Com-Blase, der Gewinn der Zentralstelle war futsch.

Dass diese Eskapaden erst so spät entdeckt wurden, hängt mit der strukturellen Schwäche des Systems zusammen: Studentische Verwaltungsräte, die sich alle zwei bis drei Jahr auswechseln und nicht alle Bilanztricks kennen, beaufsichtigen ein Profi-Management.

2005 wurde Anette Ahlèn neue Geschäftsführerin, und damit beginnt die Geschichte des aktuellen Knatschs. Ironischerweise war Ahlèn im Gegensatz zu ihren Vorgängern ein leuchtendes Manager-Vorbild. Sie räumte den Sauladen auf, wie man so schön sagt. Sie führte erstmals Jahresgespräche mit den Mitarbeitern, sie sorgte für transparente Buchhaltung, sie sparte mit harter Hand. Von 2005 bis 2008 machte die Zentralstelle Gewinn.

Lieber gestern als heute weg

Trotzdem scheint die Bilanz von Ahlén für mehrere Stiftungsräte zwiespältig gewesen zu sein. Einige behaupteten, sie habe die Angestellten nicht motivieren können und habe die Zentralstelle zu wenig massiv umstrukturiert.

2009 sah es im Unternehmen offenbar nicht rosig aus: Flyer druckte man besser und billiger anderswo und die Papeterieläden waren kaum konkurrenzfähig. Schliesslich brach wegen der Wirtschaftskrise auch der Umsatz der profitablen Arbeitsvermittlungsstelle ein.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt spaltete sich der Stiftungsrat in zwei Lager. Adrian Joss und Christian Hagen wollten die Geschäftsführerin Ahlèn lieber gestern als heute loswerden. Andere Stiftungsräte wollten ihr noch bis Ende Jahr Zeit geben.

Harte Gespräche oder giftiges Klima?

Was danach geschah, kann man ungefähr rekonstruieren. Wie es geschah, ist aber definitiv eine Sache der Perspektive. Hagen und Joss pochten weiterhin darauf, schnell zu reagieren, die anderen waren dagegen. Die Fronten verhärteten sich. Einige sprechen von harten Diskussionen, andere von einem vergifteten Klima.

Im Mai 2009 trat der Stiftungsratspräsident Mirco D’Angelo zurück. Markus Mühlemann, als Präsident des Fachvereins Ökonomie auf der Linie von Joss und Hagen, kam neu hinzu, Joss rückte ins Präsidium nach. Weil Ende 2008 schon eine Neubesetzung mit einem weiteren Verbündeten der beiden erfolgt war, war die Anti-Ahlèn-Fraktion ab diesem Zeitpunkt in der Mehrheit.

Wie sie zustande kam, ist ebenfalls Ansichtssache: Einer Version zufolge haben Joss und Hagen mit allen Mitteln ihre Anhänger in den Stiftungsrat geholt. Informationen aus dem inneren Kreis zufolge waren sie einfach die einzigen, die aktiv nach geeigneten Nachfolgekandidaten suchten.

Per sofort freigestellt

Im Herbst 2009 beschloss der Stiftungsrat: Das Schicksal von Anette Ahlèn wird nach Jahresende entschieden. Im November konnte man aber das schlechte Jahresergebnis schon gegen den Wind riechen. Die neue Mehrheit im Stiftungsrat beschloss, die Geschäftsführerin per sofort frei zu stellen.

Daraufhin traten die Stiftungsräte Yvonne Ehrensperger (Kripo), Philipp Widmer (Fachvereine Informatik) und Franziska Buletti (Skalp) zurück. Teils aus Protest, teils weil die ständigen Streitereien die Zentralstelle blockierten, teils weil sie eh mal zurücktreten wollten.

Diese Rücktritte sorgten für einigen Zündstoff an der letzten StuRa-Sitzung. Bei den Neuwahlen am 14. April wird der Stiftungsrat deshalb sehr wahrscheinlich darauf verzichten, wie üblich selber Nachfolgekandidaten vorzuschlagen. Deshalb könnte es erstmals seit Langem wieder zu echten Kampfwahlen für den Stiftungsrat kommen.