Stimmen dafür, Stimmen dagegen: Politiker beerdigen die Berner SUB. Samuel Nussbaum

Freud in Zürich, Leid in Bern

Die Uni Zürich ist die einzige Universität der Schweiz, die keine studentische Körperschaft hat. Nun gibt es erstmals Hoffnung. Derweil versuchen Politiker, die Studierendenschaft der Uni Bern abzuschaffen.

2. März 2010

Wir dürfen hoffen. Nach 30 Jahren und einigen erfolglosen Anläufen stehen die Zeichen gut für eine Wiedererrichtung der Studierendenschaft der Universität Zürich (SUZ). Anfangs Februar überwies der Kantonsrat eine parlamentarische Initiative, welche die Wiedereinführung einer SUZ mit öffentlich-rechtlichem Charakter fordert. Diese soll kein allgemeinpolitisches Mandat erhalten und die Mitgliedschaft dereinst freiwillig sein. Die Studierendenvertreter werden nur zu bildungspolitischen Themen Stellung beziehen dürfen.

Für Gwendolyn Marx, Präsidentin des heutigen Studierendenrats der Uni Zürich (StuRa), ist dies ein grosser Erfolg: «Das hat uns extrem gefreut und ist ein erster, bisher noch nie erreichter Schritt hin zur SUZ», sagt sie. Seit zwei Jahren skizziert der StuRa bereits Modelle für eine künftige SUZ. «Wir wollen die Fach­vereine stärker einbinden», erklärt Marx. Es soll aber weiterhin eine Legislative (der heutige StuRa) und eine Exe­kutive (das heutige StuRa-Büro) geben.

SVP gegen «Zwangsgruppierung»

Der Weg dahin war lang. Im Zürich der 70er-Jahre hatte ein konservativ-bürgerlicher Kantonsrat die studentische Körperschaft abgeschafft (mehr dazu auf Seite 26). Ironie der Geschichte: Ende 2009 geschieht in Bern dasselbe wie 1977 in Zürich. Das Kantonsparlament schafft die dortige Studierendenschaft der Uni Bern (SUB) in ihrer jetzigen Form praktisch ab. Die Parallelen sind erschütternd: 1977 in Zürich störte sich der Kantonsrat an den Sympathiebekundungen der damaligen SUZ für den Sieg des Vietcong über die USA. 2009 in Bern störte sich der Rat an der Unterstützung der Studierendenschaft der Uni Bern (SUB) für die Anti-Kampfjet-Initiative.

Kantonsrat Thomas Fuchs (SVP) reichte im Berner Grossen Rat eine Motion mit Namen «Linksgruppierung mit Zwangsmitgliedschaft» ein. Fuchs forderte die Abschaffung des aktuellen Systems, wonach sich die Studierenden bei der Immatrikulation entscheiden konnten, ob sie Mitglied der SUB werden wollen. Künftig soll man sich schriftlich anmelden müssen. Das würde der SUB faktisch die Existenzgrundlage entziehen. Der Aufwand, sich per Formular für eine Mitgliedschaft zu bewerben, wäre vielen zu mühsam und ein massiver Mitgliederschwund die Folge.

Der Widerstand der Universitätsleitung, des Erziehungsdirektors und der SUB selbst blieb fruchtlos. Die Motion wurde mit 64 zu 63 Stimmen überwiesen. SVP, BDP und EDU waren dafür.

Die Moral der Geschicht?

In Bern hat Fuchs seine Motion mit Argumenten gegen ein allgemeinpolitisches Mandat und gegen eine Zwangsmitgliedschaft untermauert. Eine öffentlich-rechtliche studentische Körperschaft ist heute wohl nur noch ohne allgemeinpolitisches Mandat und ohne Zwangsmitgliedschaft möglich.

Das ist auch gut so. Wir Studierenden sind keine homogene Masse. Wer sich von einem Vorstand – auch wenn er demokratisch gewählt ist – nicht vertreten fühlt, soll auch nicht gezwungen werden, Mitglied zu sein. Was aber kein Grund ist, die studentische Vertretung gleich abzuschaffen.