Die Tierversuche an Primaten finden künftig in Deutschland statt. Benjamin Tschopp

Ein Affentheater mit Folgen

Nach drei Jahren juristischen Tauziehens hatte ein Forscher genug. Er führt seine Studien, für die er Tierversuche an Primaten durchführte, künftig in Deutschland weiter.

20. Oktober 2009

Die Schweiz hat nicht nur ihre letzte Affenstudie verloren, sondern vielmehr auch ihre Spitzenposition in der internationalen Rangliste der Neurowissenschaften.

Grund dafür ist der wachsame Blick der Behörden in Richtung wissenschaftlicher Tierversuche, genauso wie der Druck, unter dem Forschende und ihre Projekte bisweilen stehen. Trotz zunehmend strenger Vorschriften und entsprechendem Monitoring gibt es heute mehr denn je einen Disput um die ethische Vertretbarkeit und um die Notwendigkeit von Tierversuchen. Die Rolle des Ethik-Begriffes ist hierbei kaum zu unterschätzen, wie das jüngste Beispiel aus Zürich zeigt.

Das Institut für Neuroinformatik der Universität und ETH Zürich hat sich zu einem weltweit führenden Studienumfeld für die Erforschung des Grosshirns entwickelt – unter anderem durch Versuche an Mäusen, Katzen und Primaten. Das Niveau der Tierhaltung innerhalb der lancierten Projekte setzte neue Standards, kritisch beäugt wurde sie trotzdem.

Blindes Tauziehen

Das kantonale Veterinäramt bewilligte 2006 zwei durch den Schweizerischen Nationalfonds unterstützte Versuche mit Rhesusaffen. Noch im selben Jahr veranlasste die Kantonale Tierversuchskommission drei unabhängige Gutachten. Sie sollten Aufschluss geben über etwaige Unhaltbarkeiten der Versuche. Die Begründung: Man sah die Würde der Tiere verletzt. Zwei der Gutachten widerlegten die Anschuldigungen. Dennoch wurde ein Rekurs angestrebt und die Studien vorübergehend an ihrer Weiterführung gehindert. Anfang 2007 schliesslich hob die Gesundheitsdirektion die Bewilligung vollständig auf. Auch die von Universität und ETH Zürich eingereichten Beschwerden bei der Gesundheitsdirektion, sowie beim Kantonalen Verwaltungsgericht zeigten sich wirkungslos. Die Angelegenheit wurde im Folgenden ans Bundesgericht getragen, das sein Urteil zu Gunsten der Tierschützer fällte. Der Präsident der ETH und der Prorektor der Universität reagierten prompt mit einer Medienmitteilung, in der sie ihre Sorgen über negative Auswirkungen auf den Forschungsplatz Schweiz äusserten.

Die Güterabwägung durch das Kantonale Veterinäramt fiel zugunsten der Tierversuchskommission aus, zwei Forschungsprojekten wurde die Bewilligung entzogen, das letzte wird gar ausgesiedelt. Denn nach dem nunmehr drei Jahre andauernden rechtlichen Tauziehen war es Versuchsleiter Dr. Hansjörg Scherberger selbst, der den endgültigen Entschluss fällte: Er wird seine Studie künftig in Deutschland fortführen.

Die Kluft zwischen rigorosen Versuchsgegnern und denjenigen Versuchsleitern, welche die invasive Forschung an Primaten für unabdingbar halten, scheint unüberbrückbar.

Am 13. Oktober hat das Bundesgericht nun die Beschwerden der betroffenen Forscher gegen das Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichts abgewiesen. Die Begründung des Urteils steht noch aus, laut der ETH «bleibe nun abzuwarten, welche Konsequenzen diese auf die generelle Bewilligungspraxis von Tierversuchen mit Primaten haben wird.»