Unmut und Unzufriedenheit

Unsere Gastautoren bemängeln die fehlende Bereitschaft am philosophischen Seminar, mit der Kritik von Studierenden umzugehen.

4. Mai 2009

Die Idee des Marktes ist der demokratischen fremd. Beide geben sie Möglichkeiten, das zugegeben asymmetrische Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden zu organisieren. Die Besetzung von Lehrstühlen ist ein Personalentscheid. Das ist von politischem Gewicht, weil das Lehrangebot am philosophischen Seminar bestimmt ist durch die individuellen Kompetenzen, Vorlieben oder Abneigungen der Lehrstuhlinhaber und ihrer Angestellten. Wie soll nun dieser Entscheid gefällt werden? Bildet der Lehrkörper des Seminars eine Produktionseinheit, die ein Angebot erzeugt, das sich auf dem Markt zu bewähren hat? Oder wird der Entscheid von allen Ständen des Seminars in einer Berufungskommission politisch und inhaltlich bewusst gefällt?

Wer bewertet die Lehre?

Beruft man sich auf die Idee des Marktes, so ist vorausgesetzt, dass dessen Mechanismen auch tatsächlich greifen können. Dazu wiederum müsste entweder die zurzeit beschworene Souveränität der Konsumenten gestärkt oder eine evaluierende Instanz geschaffen werden, die diesen Namen verdient. Mag man zur Einführung des Bolognasystems, das einer Konzeptualisierung der Universität nach rein ökonomischen Prinzipien gleichkommt, politisch stehen wie man will, so ist immerhin die Schaffung von seminarexternen Evaluierungsstellen Resultat derselben Tendenz. Mangelhaft ist bisher die Bereitschaft der Fakultätsleitung oder Mitglieder in den Berufungskommissionen, den ProfessorInnen gegenüber sich zu behaupten. Auch die Versuche seitens der verfassten Studierendenschaft, über Umfragen und Fragebogen ein Bild der bestehenden Nachfrage zu geben, kommentiert die Seminarleitung mit Achselzucken. In der letzten ZS war die Versicherung zu lesen, ein breites Angebot sei vorhanden – ebenso wie Qualität und Kontinuität der Lehre, von der her man die autoritative, wenn nicht autoritäre, inhaltliche Gestaltung des Seminars rechtfertigt.

Der Unmut der Studierendenschaft

Auch hier versucht die Studierendenschaft, sich einzubringen. Gefordert werden klare und explizite Leitbilder, an denen – muss ein mit vollen sechs Lehrstühlen bestücktes Seminar schon «spezialisiert» werden? – die Lehrstühle und ihre Leistung intersubjektiv gemessen werden können. Inhaltliche Auseinandersetzung wäre auch hier der Weg, die behauptete Qualität und Breite des Angebotes zu erweisen. Dass die Studierenden, zu konsumorientiert oder nicht, mit ihrer Passivität zu Missständen in und ausserhalb der Veranstaltungen am Seminar beitragen, bestreiten wir nicht. Artikulieren sich dann aber Unzufriedenheit und inhaltliche Wünsche, die bis zu Forderungen und Vorschlägen zu Ausrichtung und Struktur des Seminars ausgreifen, schlägt ihnen Missmut, Ironie oder schlimmstenfalls die witzlose Entgegnung ins Gesicht, dass der sinnvolle Anteil der Kritik schon verwirklicht sei und die studentische Stimme in den übrigen Angelegenheiten nichts zu suchen habe. Früher mag das anders gewesen sein; da ging es um Grosses. Wer würde da nicht verstummen?