Editorial #1/09

Editorial

20. Februar 2009

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Wie ihr wisst, wurde mein Vorgänger an dieser Stelle vom Blumenkohl verfolgt. Mir keucht ein weit niederträchtigerer Feind im Nacken: Mein Laptop. In der Woche, in der wir an der nächsten ZS-Ausgabe letzte Hand anlegen, holt die Maschine traditionell zum Grossangriff aus und verwandelt mein Leben in den folgenden Tagen zum Horrortrip.

Mein Laptop kämpft mit uralter Taktik, abgeschaut bei den römischen Legionen, die im Zweiten Punischen Krieg Hannibals Elefantenarmee vor den Toren Roms niederrangen: Dem Stichnadelangriff. Mit kleinen aber penetranten Attacken sägt er an meinen Nerven. Der erste Stich piekst, wenn ich meinen Laptop anwerfe. Er lässt sich mit dem Aufwärmen einige Minuten Zeit. Erst nach einem Neustart rappelt er sich dazu auf, das Desktopbild anzuzeigen. Damit geht für ihn der Spass aber erst richtig los.

Nach wenigen Minuten lässt er Firefox abstürzen. Neustarten, die fast vollendete Mail ist im E-Nirvana. Seine effizienteste Strategie ist aber der Autismus. Mein Laptop ist ein Soziopath. Er widersetzt sich allen Versuchen, sich mit anderen technischen Geräten oder fremden Programmen anzufreunden. Mit welchen Tricks ich es auch versuche, der Drucker auf der Redaktion lässt sich nicht installieren.

Je weiter die ZS-Woche fortschreitet, desto mehr schlägt sich das Schlachtenglück auf die Seite des Laptops. Bin ich am Tag eins noch voller Hoffnung, sitze ich am Tag drei bereits gereizt vor dem Bildschirm und zucke unkontrolliert am linken Mundwinkel. Am Tag fünf flimmert vor meinen ermüdeten Augen immer wieder eine Vision: Ich atme tief durch. Klappe den Laptop seelenruhig zu. Öffne das Fenster zur Strasse, und schleudere ihn mit einem Wikingerschrei auf den Asphalt, wo er in tausend Splitter zerbirst. Doch ich beherrsche mich natürlich. Den Laptop zu killen wäre die ultimative Kapitulation. Stattdessen rauche ich eine Zigarette und kämpfe weiter.

Joel Bedetti, Redaktionsleitung