Anton Leist ist Professor für praktische Philosophie und Leiter der Arbeitsstelle für Ethik. PD

Userinnen statt Studentinnen

«Dagegen muss man protestieren», fand Philosophie-professor Anton Leist, als er in der letzten ZS das Interview mit Students.ch-Gründer Adrian Bührer las. Eine ethisch-moralische Replik.

24. November 2008

Pornographie hat für Männer den Zweck, Fantasien zu erzeugen, in denen Frauen sexuell verfügbar werden. Typische Frauen in der Pornographie haben gerade auf ihn gewartet und kämen nicht auf die Idee, einen Mann zurückzuweisen. Woran erkennt man dies? Daran, daß sie sich mehr oder weniger ausgezogen haben und ihm in einer Pose begegnen, die Kontakt aufnimmt. Sie liegen oder stehen direkt vor ihm und warten. Sie sind nicht etwa dabei, etwas zu tun, was ihren eigenen Plänen dient – beispielsweise lesen sie kein Buch. Vielmehr machen sie deutlich, dass sie zu dem bereit sind, was der Mann von ihnen möchte.

Natürlich ist es nur eine Fantasie. Alle Beteiligten wissen, dass es eine ist. Fantasien sind oft beliebter als Realitäten, da man sie beliebig einsetzen kann. Sie schaffen keine Verpflichtungen.

Männer sind keine Ware

Männer sind in der Pornographie Konsumenten und Produzenten. Produzenten verdienen Geld an den Konsumenten. Die Pornographie ist ein Tauschhandel unter Männern. Die Frauen sind die Ware. Sie können billiger oder teurer sein, die Produzenten mehr oder weniger verdienen. Die Geschäftsidee von Adrian Bührer, die er in der ZS 5/08 ungeniert ausbreitet, besteht darin, unbezahlte Studentinnen auf einen Kalender zu knallen und damit zu verdienen.

Bührer will diesen Tauschhandel auf die Männer nicht ausdehnen. Die sollten nicht Ware sein wie die Frauen. Seine «natürliche Fähigkeit», weibliche Schönheit zu beurteilen, bezieht sich nur auf Frauen. Ihm aber wäre es peinlich, an einem Schönheitswettbewerb teilzunehmen. Männer sind eben keine Ware. Ja nicht die Dinge durcheinander bringen! Bührer drückt das so aus: «Sex sells». Das hat er in der Publizistik gelernt, wenn auch vermutlich nicht von den Publizisten.

Wieso keine Proteste?

Mit Kanonen auf Spatzen geschossen? Softe männliche Pornographie umgibt uns heute überall, sie fällt nicht mehr besonders auf. Die ungleichen Beziehungen zwischen Männern und Frauen ändern zu wollen haben wir als politisches Grossprojekt aufgegeben. Wir warten ab, dass es von selbst passiert. Die jüngere Generation ist teilweise der Meinung, dass Frauen heute bereits dieselben Freiheiten haben wie die Männer.

Wenn es so wäre, warum zieht sich Bührer dann nicht aus wie die von ihm zu «Chicks» ernannten Frauen? Warum lassen Studentinnen so mit sich umspringen? Offensichtlich haben wir uns damit abgefunden, dass für Männer und Frauen unterschiedliche Gesetze gelten. Ich weiss, es ist auch ein Kalender für die Männer in Arbeit. Aber die Vorhersage ist nicht schwer, dass die Verfügbarkeitssymbolik darin schwach und die männliche Eitelkeit stark sein wird, wie dies auch im Sport gang und gäbe ist.

Die Universität sollte einst dazu dienen, die universellen Eigenschaften von Menschen, von Männern und Frauen, auszubilden. Sollen wir heute mehr auf die Verfügbarkeit der Userinnen, pardon Studentinnen, achten?