Nur wenige tun sich Kumulieren und Panaschieren auch für StuRa-Wahlen an. Stefanie Pfändler

Es sind Wahlen und keiner geht hin

Die StuRa-Wahlresultate sind ernüchternd. Nur rund sieben Prozent haben gewählt. Das Interesse schwindet auch bei den StuRa-Mitgliedern. Die letzte Hoffnung: eine verfasste Studierendenschaft.

24. November 2008

Ein kalter Septemberabend. Der Studierendenrat (StuRa) tagt in seiner zweitletzten Sitzung vor den alljährlichen StuRa-Wahlen. So richtig warm wirds im Sitzungszimmer aber nicht. Der Raum ist zu einem knappen Drittel gefüllt. Von den siebzig StuRa-Mitglieder sind 30 anwesend, somit ist er nicht einmal beschlussfähig. Die leeren Stühle motivieren niemanden. Auf hitzige Diskussionen wartet man vergebens. Die Sitzung ist jedoch gut vorbereitet. Adrian Kobler vom StuRa-Büro erklärt den Anwesenden, wie sie sich im Internet zur Wahl stellen können. Die Frist dafür ist beinahe schon abgelaufen und es haben sich erst vereinzelt Kandidierende eingetragen. Koblers Erklärungen erinnern an einen Computerkurs für Dummies – die Zuhörer quittieren seine Bemühungen mit Gähnen und dem Griff zum Handy. Leben kommt erst in die Versammlung, als Carol Ribi von der kriPo eine Grundsatzdiskussion über die Wahlen eröffnet. Die Parteien sollen einen gemeinsamen Wahlkampf betreiben, um die Studierenden so effizienter zum Wählen zu bewegen. An den meisten Fakultäten finden Stille Wahlen statt, Wahlkampf ist kaum zu erwarten. Die Diskussion wird durch Zwischenrufe abgewürgt. Schliesslich stellt jemand den Antrag, sie zu beenden. Der Antrag wird zwar knapp angenommen, doch blöderweise ist der StuRa nicht beschlussfähig – es wird weiter «diskutiert». Immer wieder steht ein Rat oder eine Rätin auf und verlässt die Sitzung oder geht telefonieren.

Ernüchternde Wahlen

Folglich hält sich der Kampf um die Stimmen bis zur Wahlwoche sehr in Grenzen. Es hängen zwar in der ganzen Uni Plakate, die die Studierenden auffordern, der Unileitung die Fäden aus der Hand zu nehmen. Doch kaum jemand scheint sich für die Plakate zu interessieren. Gerade mal sieben Prozent der Studierenden haben von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht – und auch dazu musste der StuRa zu ungewöhnlichen Methoden greifen: «Bei der StuRa-Party gabs ein Gratisbier, wenn man wählte. Da habe ich halt gewählt», verrät ein Student. Der Unileitung aktiv die Fäden aus der Hand nehmen sieht anders aus. Der Wahlkampf war selbst während der Wahlwoche mager. Lediglich die beiden Fraktionen skalp und kriPo verteilten die Wahlzeitung beim Haupteingang. Die kriPo forderte unter anderem die Abschaffung der Studiengebühren. Auch andere, ebenso utopische Forderungen vermochten offenbar nicht wirklich zu mobilisieren. Beide Fraktionen verloren Sitze gegenüber dem Vorjahr. Pragmatischer und erfolgreicher gingen die Fachvereine vor. In einer hoffnungslos überfüllten Wirtschaftsvorlesung versprachen deren Vertreter, sie würden sich dafür einsetzen, dass solche Veranstaltungen im Internet übertragen werden. Mit solchen Argumenten gewannen die Fachvereine zwei Sitze, die Wahlbeteiligung bei den Ökonomen war am höchsten (11,3%).

Abgesehen von solchen Manövern wurden die verschiedenen Parteien von den Studierenden aber kaum wahrgenommen. «Es war einer der apathischsten Wahlkämpfe, die es an der Uni je gab», meint Ex-StuRa-Mitglied Peter Kramesberger. Seine Erklärungen hören sich etwas ratlos an: «Wahrscheinlich ist es auch der falsche Weg, die Wahlzeitung als Beilage der ZS zu verteilen und die Homepage des StuRa wurde kurz vor den Wahlen erneuert.»

Licht am Ende des Tunnels

Vielleicht sollten einige StuRa-Mitglieder die Fehler auch bei sich selbst suchen. Knapp die Hälfte der Kandidierenden wollte die Wahlzeitung offenbar nicht nutzen, etwas über ihre Anliegen zu sagen. Andere schickten noch nicht einmal ein Foto ein. StuRa-intern scheint nicht die beste Stimmung zu herrschen. Die Beteiligung an den Sitzungen ist erschreckend tief. Ein StuRa-Mitglied beklagt, dass Diskussionen im StuRa durch «ideologische Linke» verunmöglicht werden. Andere geben an, sie wollen im StuRa erste politische Erfahrungen sammeln oder einfach «ein bisschen diskutieren». Zudem sei das Klima durch die Turbulenzen um den zurückgetretenen Ex-StuRa-Präsident Stefan Fischer (die ZS berichtete) deutlich schlechter geworden, sagen verschiedene Mitglieder.

Ein Ratsmitglied der liberalen Fachvereine beklagt, dass der StuRa keinen Einfluss auf gesamtuniversitäre Fragen habe. Er sei zu abhängig von der Unileitung, diese nehme dessen Anliegen nicht sonderlich ernst. Ex-StuRa-Präsident Gian Autenrieth widerspricht: «Das stimmt ganz klar nicht. Der StuRa wird als Ansprechpartner sehr ernst genommen. Der Rückhalt der Studierenden ist in den meisten Angelegenheiten sogar völlig sekundär.»

Vorbild VSETH

StuRa-Präsidentin Sylvie Michel ist seit ihrem Amtsantritt im Mai nach wie vor sehr motiviert: «Ich werde mich neben der Verbesserung der Kommunikation und der politischen Arbeit dafür einsetzen, dass der StuRa deutlich mehr Anlässe organisiert. Konkret planen wir weitere Partys und einen Pokerabend. So wird der StuRa sicher bekannter.» Doch auch Michel weiss, dass dies nicht ausreichen wird. In einem sind sich nämlich alle StuRa-Mitglieder einig: Langfristig wird der Rat in seiner ursprünglichen Form nur überleben, wenn er wieder zu einer rechtlichen Körperschaft wird. Diese verfasste Studierendenschaft würde sich aus den Beiträgen der Studierenden finanzieren. Damit könnte sie Dienstleistungen anbieten und Fachvereine finanziell unterstützen wie der VSETH. Somit wäre diese bei den Studis wieder präsenter und handlungsfähiger. Diese letzte Hoffnung schwebt in den Köpfen der langsam resignierenden Ratsmitglieder. Wenn von 70 gewählten Rätinnen und Räte knapp 30 erscheinen, hilft aber auch dieser letzte Strohhalm nicht. So ist nämlich auch eine verfasste Körperschaft nicht beschlussfähig.

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