Unser Wirtschaftskolumnist muss sich künftig mit einer Spalte begnügen. Lukas Messmer

Kondome

Das Haus, Langstrasse 83

27. Oktober 2008

Leider habe ich im EM- und Sommerferien-Trubel mein in den letzten Semestern von exzessivem Wertverlust geplagtes Investmentgame-Spielkonto komplett aus den Augen verloren – wahrscheinlich wäre ich aber sowieso unterdessen ein Rettungsfall. Konsequenterweise muss ich jetzt ein bescheideneres, portraitloses und einspaltiges Kolumnistenleben verbringen. Ein Blick in die Presse verrät aber, dass ich anscheinend nicht der einzige bin, der sich momentan mit etwas weniger begnügen muss. Da kann der ehemalige Chefbanker der Nation aus Kleinbasel nicht nur keine Championsleague-Tore seines Heimatclubs geniessen (Basler-Zeitung: «Chancenlos, peinlich, deklassiert»); die fiese Regenbogenpresse will von ihm (mit ähnlichen Worten) auch noch das Salär vergangener Zeiten zurückbezahlt sehen. Ein Schicksal dieses ospelschen Ausmasses bleibt mir immerhin erspart.

Ein tieferer Blick in die Wirtschafsseiten bringt zum Glück aber auch einige krisenresistente Branchen zum Vorschein. Durex zum Beispiel vermeldete in den letzten sechs Monaten um 22 Prozent höhere Verkäufe – ob dies daran liegt, dass die Bürger sich unter der Decke vor dem Weltuntergang verstecken? Oder können sie sich schlichtweg keine Kinder mehr leisten?

Daneben lässt sich aber anscheinend auch mit einsameren Krisenbewältungsstrategien gut Geld verdienen: Die Aktie des amerikanischen Budweiser-Bierbrauers Annheuser-Busch zum Beispiel stieg seit Jahresbeginn immerhin um gut 20 Prozent. Nicht nur die Finanzexperten, auch die Arbeiter erwarten also eine Rezession: Studien ergaben, dass höhere Arbeitslosenquoten mit mehr Rauschtrinken einher gehen.

Bleibt nur noch die Frage, ob das nächste Mal, wenn der zwangsvollstreckte Bürger Geld für etwas Ablenkung abheben will und sich der Automat mit «Ungültiger Betrag. Momentan verfügbar: 32.50» verweigert, dabei das eigene Vermögen oder das der Bank gemeint ist.