Kehrt das Bologna-Monster bald zurück? Samuel Nussbaum

Ein Bachelor ist ein halbes Liz

Die Grenze zwischen Fachhochschulen und Universitäten schwindet mit Bologna. Deshalb hat man es an der Uni mit der Umsetzung der neuen Reform nicht eilig.

27. Oktober 2008

Vergleichbarkeit, Transparenz, Anrechenbarkeit und Mobilität. Die angeblichen Vorteile der Bologna-Reform fallen wie Goldstaub auf die Ohren. Ein «nationaler Qualifikationsrahmen» mit dem unmöglichen Kürzel nqf.ch soll nun die Rahmenbedingungen der Reform endgültig definieren. Dieser Qualifikationsrahmen, der von der Rektorenkonferenz CRUS stammt, ist nun in der Vernehmlassung. Das wichtige Teilstück der Reform hat aber einen grundlegenden Mangel. Die CRUS kann nämlich nur Empfehlungen abgeben. Was passiert, falls sich eine Schulleitung gegen die Beschlüsse stellt, weiss niemand.

Doktoratsstufe nicht Bologna-konform

Vor ein paar Jahren zierte eine Illustration die Frontseite der Wahlzeitung des StuRa (die aktuelle liegt dieser ZS bei), welche die Uni als Baustelle darstellt. Mit doppeltem Sinn: Einerseits zogen sich im Hauptgebäude die Renovation des Turms und der Mensaneubau seit Jahren hin. Andererseits war die Bolognareform in vollem Gange. Beide «Baustellen» sind heute abgeschlossen – angeblich.

Bekannt ist, dass die Doktoratsstufe noch überhaupt nicht nach Bologna-Kriterien gestaltet worden ist. Weniger offen eingestanden wird, dass auch die eingeführten Bachelor- und Master-Abschlüsse meist nur dem Namen nach Bologna-konform sind. Auch der neue Präsident der CRUS, Antonio Loprieno, sagte in informellem Rahmen: «Häufig wurden die ehemaligen Lizenziatsstudiengänge einfach so etwa in der Mitte geteilt. Die ersten sechs Semester hiessen dann Bachelor, der Rest Master.» Eine wirkliche Reform im Sinne von Bologna hiesse, dass in jedem einzelnen Fach die Studieninhalte und die Struktur von Grund auf neu überdacht werden. Ein Bachelor-Abschluss ist etwas komplett anderes als ein Lizenziat oder Diplom. Er sollte berufsqualifizierend sein und müsste auf selbständiges Studieren und Forschen vorbereiten. Das stellt aber die Schweizer Tradition mit Universitäten und Fachhochschulen grundsätzlich in Frage. Macht mit Bologna eine solche Unterscheidung überhaupt noch Sinn?

Die Pläne der Uni Zürich sind vage

Beide Zürcher Hochschulen stellen sich diese Fragen nur intern. Die ETH versucht sich noch stärker als Elite-Universität zu positionieren, welche spätestens ab dem Master rigoros die «Besten» aussortiert. Mit guten Noten erhält man eine Ermässigung der Studiengebühren. Komplettiert werden soll die «Exzellenz» durch internationale Talente, welche mit Stipendien und der hohen Lebensqualität nach Zürich gelockt werden.

Auch die Universität Zürich hat Massnahmen ergriffen: Der neue Rektor Andreas Fischer hat sich unter anderem die Nachwuchsförderung auf die Fahnen geschrieben. Bislang lässt er sich jedoch kaum in die Karten schauen, wie er diese erreichen will. Interessant ist aber, dass im vergangenen Herbst die direkt Fischer unterstellte «Projektleitung Studienreform», quasi die Schaltzentrale der Bologna-Umsetzung, aufgelöst wurde. Dafür ist die entsprechende «Fachstelle» neu an untergeordneter Position im Organigramm angesiedelt.

*Stefan Fischer ist Ex-StuRa-Präsident.