«Ich freue mich, aber...»
Das Geschichtsstudium beginnt. Wie wird es unser Autor meistern? Schon stolpert er über die erste Hürde, die Modulbuchung. Bedenken eines Erstsemestrigen.
Voller Vorfreude und doch mit einem flauen Gefühl im Magen sitze ich vor meinem Computer und möchte meine Module buchen. Es ist das erste Mal, dass ich mich intensiv mit der Uni beschäftige, seit ich im letzten Jahr meine Maturitätsprüfungen bestanden habe. Nachdem ich ein Jahr lang eher anspruchslosen Tätigkeiten nachgegangen bin, um mir einige Wochen Reisen zu finanzieren, freue ich mich darauf, meinen Kopf endlich wieder gebrauchen zu können. Doch bereits die Komplexität des Modulbuchens löst in mir Zweifel und Bedenken, ja sogar Ängste aus.
Als Dorfkind in der Stadt
An und für sich wäre alles kein Problem. Nach einer eher lockeren Zeit an der Kantonsschule kann ich mich nun ins Studentenleben stürzen. Langes Ausschlafen, Partys feiern und nebenbei den Intellekt fördern soll nun in Zukunft meinen Alltag prägen. Doch je intensiver ich mich mit meinem Studium beschäftige, desto düsterer wird das Bild. Aus einer heilen Gymnasiastenzeit werde ich mich nun so an die Universität begeben, wie das Dorfkind, das in die Stadt zieht. Allein die Anzahl der Studierenden (rund 24’000) wirkt auf mich erdrückend. Ich verliere mich bereits beim Modulbuchen auf der Internetseite der Universität Zürich – wie soll ich mich denn in dieser riesigen Institution physisch zurechtfinden? Ich zweifle nicht daran, dass ich fähig bin, mich anzupassen oder zu integrieren. Mich plagen aber die Gedanken, dass ich die falsche Fakultät gewählt habe oder die Pause zu lang war, sodass ich das Lernen verlernt habe.
Das Heft in die Hand nehmen
Eigentlich stehen die Vorzeichen gar nicht so schlecht. Immerhin habe ich meinen Studiengang nicht nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und weiss schon genau, in welche Richtung ich gehen möchte. Ich bin hoch motiviert und davon überzeugt, dass ich auch in Zukunft stets motiviert sein werde. Ich studiere nicht aus Langeweile, sondern mit einem festen Ziel und vermeide so, ein «ewiger Student» zu werden. Ich werde mich vollumfänglich interessanten Tätigkeiten widmen und bestimmt immer interessante Dinge lernen können.
Doch wie ich diese Zeilen schreibe, spüre ich selbst, dass viele meiner Vorstellungen illusorisch sind und ich mich wohl genauso durch das Studium kämpfen werde, wie ich mich durch die gesamte Schulzeit gekämpft habe. Wohl werde ich nicht mehr das Problem haben, dass ich mich unterfordert fühle, doch ich werde mich trotzdem immer und immer wieder aufs Neue aufrappeln müssen und viele schlaflose Nächte hinter mich bringen – so realistisch bin ich noch. Dennoch erwarte ich, dass ich nun etwas studieren kann, das mir entspricht. Ich freue mich darauf, viele neue Kontakte knüpfen zu können und die Vorzüge dieses neuen Lebens als Student kennenzulernen. Gerade zu Beginn wird es wichtig sein, den Anschluss an den Lernrhythmus zu finden und mich in die verschiedenen «Communities» zu integrieren. Vielleicht wird mich gar ein Lernfieber packen und ich finde Spass daran, mich in die «Grossstadt Uni» einzubringen. In meiner Schulzeit habe ich es vermisst, selbständig zu sein und das zu lernen, was mir Spass bereitete. Oft fühlte ich mich vom Unterrichtsstil der Lehrer eingeschränkt und konnte mich nicht entfalten. Nun habe ich alles selbst in der Hand und kann mir meinen eigenen Weg durch die Uni in Richtung Arbeitswelt bahnen.
Flaues Gefühl in der Magengegend
Auch wenn ich meist genau weiss, was ich möchte, bin ich nun ein absolutes «Greenhorn». Ich werde viele Fehler begehen und Erfahrungen sammeln müssen – es bleiben auch jetzt noch sehr viele offene Fragen. Ich werde bestimmt mehr als ein Jahr benötigen, bis ich mich an der Uni zurechtfinden werde. Doch nicht zuletzt deswegen buche ich nun ja auch die Module für mein «Assessment-Jahr». Im Endeffekt wird wohl alles nicht so schwer sein und auch das Buchen meiner Module habe ich nun endlich erfolgreich hinter mich gebracht. Aber es bleibt vor dem Eintreten in eine neue Lebensphase halt eben doch immer noch ein flaues Gefühl in der Magengegend, das nicht weichen will.