«Der Wohnraum in Zürich ist zu knapp.»
An der Wohnsituation von Studierenden müsse sich dringend was ändern, schreibt Gastautorin Sylvie Michel, Präsidentin des StuRa.
«Der erste ‹echte› Schweizer Campus entsteht», titelte die NZZ vom 20. August dieses Jahres. 1’000 neue Wohnungen für Studierende sind auf dem Hönggerberg geplant. Damit ist die Forderung des StuRa nach 1’000 Wohneinheiten für Studierende erfüllt – könnte man meinen! Ist sie aber nicht. Tatsache bleibt: Es fehlen 1’500 Wohnungen, die weniger als 500 Franken pro Monat kosten. Im Moment jedenfalls. Die ETH strebt 20 Prozent mehr Studierende in den nächsten zehn Jahren an; die Uni prognostiziert, dass sie 2012 knapp vier Prozent mehr Studierende hat. Auch diese brauchen ein Dach über dem Kopf!
Ein Drittel ohne Badezimmer
Dabei wäre es schön, wenn ein solches «Dach über dem Kopf» auch eine eigene Küche oder Kochnische hätte – darauf muss heute ein Drittel der Studierenden verzichten. Auch ein eigenes Badezimmer oder zumindest eine Dusche wären ganz angenehm – das fehlt ebenfalls bei einem Drittel der studentischen Wohnungen. Ganz zu schweigen von einer Toilette in den eigenen vier Wänden – ein Sechstel muss sogar darauf verzichten. Es ist natürlich schön zu wissen, dass die Unileitung Kenntnis von der Problematik hat und ihr Möglichstes tun wird, um die Wohnsituation zu verbessern. Ob der Unirat auch sein Möglichstes tun wird, erfahren wir erst Ende November. Er nimmt die Resolution des StuRa nämlich nur als Petition entgegen und hat dadurch ein halbes Jahr Zeit, um zu antworten.
Natürlich ist der Wohnraum in der ganzen Stadt Zürich knapp. Äusserst knapp, wie die neusten Statistiken zeigen: Am 1. Juni standen in der Stadt Zürich gerade mal 57 Wohnungen leer. Das sind 0,03 Prozent des gesamten Wohnraums! Hier eine Bleibe im Rahmen eines studentischen Budgets zu finden, ist schwierig. Wieso also nicht pendeln?
Wieso nicht Schöfflisdorf?
Es gibt schöne Dörfer im Kanton Zürich mit Leerwohnungsziffern von über zwei Prozent. Zum Beispiel Kleinandelfingen: 2,4 Prozent freistehende Wohnungen. Fahrzeit an die Uni Zentrum: eine Stunde 20 Minuten. Oder Sternenberg: 2,2 Prozent freistehende Wohnungen. Fahrzeit an die Uni Zentrum: eine Stunde und 40 Minuten. Auch im Angebot wären noch Hedingen, Kappelen am Albis, Maschwanden, Trüllikon, Neerach, Schleinikon, Schöfflisdorf, Steinmaur, Elgg, Neftenbach und Pfungen. Fahrzeit an die Uni Zentrum jeweils mehr oder weniger eine Stunde.
40 Prozent der Studierenden nutzen denn auch diese Gelegenheiten und wohnen ausserhalb der Stadt. Dafür sind sie ein Stück weit von dem studentischen Leben abgekoppelt und verschleissen neben der Zeit zum Pendeln auch mehr Geld für die Fahrtwege. Und das haben die Studierenden ja im Überfluss. Ausserdem, was sind bei einem monatlichen Budget von durchschnittlich 1’900 Franken schon Mehrausgaben von bis zu 100 Franken? Was sind bei einer 60-Stunden-Woche, um die 30 ECTS-Punkte pro Semester zu ergattern, schon zwei bis drei Stunden Fahrtzeit pro Tag? Aber wir wissen ja – die Studierenden drückt immer irgendwo der Schuh.
PS: An alle die auf Wohnungssuche sind: Beeilt euch – die vier Wohnungen in Sternenberg stehen nicht ewig leer.
*Sylvie Michel präsidiert seit dem 1. Mai 2008 den Studierendenrat und studiert nebenbei Allgemeine Geschichte, Philosophie und Neuere Deutsche Literaturwissenschaft. Sie möchte sich als Präsidentin für eine Verbesserung der studentischen Situation einsetzten, vor allem, was die Wohnungssituation und die Umsetzung von Bologna betrifft. Ihr grosses Ziel ist die Gründung einer verfassten Studierendenschaft.