Fährt noch bis Ende Jahr: Jubiläumstram. Lukas Messmer

Jubiläum: Übertrieben und überladen

Gastautor Stefan Fischer, Ex-Präsident des StuRa, blickt aufs Jubiläum zurück. Er freut sich über das Ende der Party und hätte die Ressourcen besser investiert.

19. Mai 2008

Das Jubiläum hatte auch positive Seiten. An den zahlreichen Veranstaltungen und Apéros erhielt ich die Gelegenheit, Wirtschaftsführer und Politiker kennen zu lernen. Sie waren an der studentischen Perspektive sehr interessiert. Regelmässig musste ich ihnen aber erklären, dass die jeweilige Veranstaltung nicht einem 150- sondern einem 175-Jahre-Jubiläum zu verdanken sei. Die mit ebensolcher Regelmässigkeit folgende Frage, ob man ein derart unrundes Jubiläum denn wirklich so ausufernd zelebrieren müsse, liess ich dann jedoch unbeantwortet.

Wer hat den grösseren... Balkon?

Rückblende: Frühling/Sommer 2006, die ETH wird 150 Jahre alt und feiert angemessen, mit Ausstellungen für die breite Öffentlichkeit und einem Fest für Mitarbeitende und Studierende. Die Uni Zürich schaltet Anzeigen, in denen sie der 23 Jahre jüngeren ETH gratuliert. Just in dieser Zeit wird die Projektskizze für den diesjährigen Event erarbeitet. 1. Februar 2008, Fototermin für die neue ETHZ-/UZH-Card. Auf dem Dach der ETH spielt sich der folgende Dialog ab. Fotograf: «Sehr schöne Location hier oben.» Ralph Eichler (ETH-Präsident), stolz: «Ja, da haben wir die bessere Aussicht von unserer Terrasse als drüben bei der Uni vom Restaurant.» Hans Weder (Rektor der Uni Zürich): «Wir haben aber auch einen Balkon.» Eichler: «Ja, aber der ist kleiner. Und ausserdem sind wir hier höher.» Weder: «Aber unser Turm ist grösser!»

29. April 2008, Hörsaal KOH-B-10, Abschlussveranstaltung für die Mitarbeitenden am Jubiläum: Nacheinander loben Weder, sein Nachfolger Andreas Fischer und die Jubiläums-Chefin Kathrin Züger die vergangenen zwei Monate über den Klee. Dank Zügers Ausführungen zu den über 600 Projekten begreife ich zum ersten Mal die Bedeutung des Jubiläumslogos und muss zugeben: Das Jubiläum hätte nicht treffender visualisiert werden können, als durch diese schreiend bunten, irgendwie zusammengepressten Klötze im leeren Raum, bei denen man auch auf den zweiten Blick nicht wirklich erkennt, was das jetzt mit dem Uni-Jubiläum zu tun hat.

War das wirklich nötig?

Natürlich war der grösste Teil der Veranstaltungen ein Erfolg, als sich die Uni mit Modethemen und flächendeckenden Werbekampagnen an die Öffentlichkeit wandte und jede und jeden zum Feiern einlud, der im weitesten Sinne mit der Uni Zürich zu tun hat. Natürlich waren im Irchel nur glückliche Gesichter zu sehen, als es Kuchen und Konzerte gab. Aber alle 25 Jahre ein Fest zu veranstalten genügt nicht, um die vernachlässigte Universitätskultur zu retten. Wir können nur hoffen, dass sich die ETH im Jahr 2031 etwas zurückhält und die «grosse Schwester» dann nicht auch wieder so übertrieben nachlegen muss. Die Ressourcen hätten definitiv besser verwendet werden können. Vielleicht wäre dann die Bologna-Reform nicht so ein Chaos gewesen, vielleicht hätte die Uni eine akzeptable Lösung für die Situation in Oerlikon und die Pendelfenster gefunden, vielleicht wären dann in den «Engpassfächern» zumindest die Vakanzen besetzt. Vielleicht hätten wir dann auch wieder funktionierende Fachvereine und eine ernstzunehmende Studierendenvertretung. Eine schlechte Nachricht zum Schluss: Der weisse 9er mit den bunten Flecken (offiziell Jubiläumstram) wird uns noch bis Ende Jahr beglücken.

*Stefan Fischer ist der ehemalige Präsident des StuRas.