Früchte aus China

Auf der ganzen Welt zuhause: Studierende auf Reisen schrieben der ZS, wo sie sich gerade rumtreiben und was sie dort machen.

10. April 2008

Seit rund sieben Monaten weile ich nun schon im Reich der Mitte und in dieser Zeit habe ich mich schon daran gewöhnt, ein «Laowai» hinter mir hergerufen zu bekommen, wohin ich auch gehe. «Laowai» ist umgangssprachlich für Ausländer, und zwar weisser, westlicher Ausländer. Es gibt aber auch Orte, wo man mich schon ein wenig kennt und diese Grüsse ausbleiben. So zum Beispiel in einer kleinen Gasse unweit meiner Universität. Von der Strasse führt ein enger Durchgang in ein Wohnquartier, dann vorbei am Schachklub der Pensionierten, zu einem gedeckten Gemüsemarkt. Gleich daneben steht meistens meine Lieblings-Früchteverkäuferin und strahlt mich von weitem an. Wenn ich ein paar Tage nichts kaufe, fragt sie, wo ich war, und bevor ich mein Portemonnaie in der Tasche verstaue, rät sie mir, gut aufs Geld aufzupassen. Weiter hinten in dieser kleinen Gasse kann man fast alles besorgen: Nebst zahlreichen preisgünstigen Imbissstuben findet man auch einen Schuhmacher, eine Schneiderin und einen Coiffeur. Ich mag diese Gasse aber nicht nur deswegen, sondern vor allem, weil sie eine kleine Welt für sich ist und mich vergessen lässt, dass Xi’an eine unter einer Smogschicht brütende Millionenstadt ist. Dort kann ich einen Teil der warmen chinesischen Freundlichkeit spüren und den gesunden, langsamen Lebensrhythmus – ganz im Gegenteil zu den breiten Strassen,

den endlosen Blechlawinen und den grellen Leuchtschriften, die sonst das Stadtbild prägen.

*Eleni Andrist studiert Sinologie in Zürich und befindet sich für ein Jahr im Auslandaufenthalt in Xi’an (China).