Der stolze Zeitungspraktikant in La Paz. Nora Herbst

Auslandspraktika eine Frage des Geldes

Einsätze ennet der Landesgrenzen sind interessant. Viel verdienen kann man nirgends, eher stellt sich die Frage nach den Kosten.

10. April 2008

Reisen kann auch anstrengend sein. Arbeiten im Ausland klingt nach Herausforderung und Erfahrung, ist aber in vielerlei Hinsicht auch harte Arbeit: Auf der einen Seite ist da die fremde Sprache und das neue Umfeld. Andererseits ist die Praktikumssuche über die Landesgrenzen hinaus schon im Vorfeld nicht ganz einfach. Für viele Studierenden gehört ein Auslandaufenthalt zum obligatorischen Studienpensum dazu. Wer sich nach einer Praktikumsstelle umschaut, sucht deshalb nicht selten auch im Ausland, um zwei Fliegen mit einem Schlag zu erledigen.

Studentische Organisationen wie AIESEC können bei der Vermittlung von Auslandpraktika oder der Teilnahme an internationalen Konferenzen helfen. AIESEC gibt es in etwa 100 Ländern und zählt international um die 30 000 Mitglieder. Praktika sind in den vier Bereichen Management, Entwicklungshilfe, Bildung oder Technik in Ländern wie China, Jordanien oder den USA möglich. Allerdings funktioniert der kostenlose Dienst nur, wenn man sich selbst in der Organisation engagiert und hier in der Schweiz an Projekten mitarbeitet. Für ein langfristiges Engagement ist AIESEC sicher eine geeignete Plattform. Ist man aber auf der Suche nach einem einmaligen Einsatz, muss man sich anderswo umsehen.

Fündig wird man bei Reiseunternehmen wie beispielsweise der STA, welche Reisepakete anbietet, die Sprachkurse, Praktika, Unterkunft und kulturellen Austausch in Ländern wie den USA, Australien, England oder Frankreich enthalten. Das Tätigkeitsfeld reicht von wirtschaftlichen Bereichen wie Buchhaltung, Marketing, Bankenwesen über öffentliche Stellen hin zu Vollzeit-Praktika in Pubs oder Restaurants. Einziger Haken ist – nicht erstaunlich – der Preis: Eine dreimonatige Sprachschule mit anschliessendem achtwöchigen Praktikum im Bereich Buchhaltung kostet 4900 Franken. Dazu kommen 313 Franken pro Woche für die Gastfamilie, noch nicht eingerechnet ist der Flug. Für Freiwilligenarbeit finden sich etwas günstigere Angebote. Vier Wochen inklusive Wohnen im Camp kosten 1367 Franken.

Geld und Bürokratie: Der Bund hilft

Ein gutes Zeugnis und eine schöne Ergänzung zum CV hin oder her: Auch Praktika können harte Arbeit bedeuten und sich dafür in Schulden zu stürzen, ist keine Lösung. Abhilfe schafft hier das Staatssekretariat für Bildung und Forschung. Auf dessen Online-Plattform studex.ch werden im Rahmen eines europäischen Bildungsprogramms namens «Leonardo» drei- bis zwölfmonatige Praktika in 31 Ländern vermittelt. Die Brieftasche freuts: StudEx kommt für Reise- und Sprachkurskosten auf und hilft ausserdem mit einem Stipendium aus, falls ein dementsprechender Antrag angenommen wird. Allerdings beschränkt sich das Angebot auf Europa.

Auch Mirko Hofmann, Publizistikstudent in Zürich, hörte den Ruf des fernen Auslands. Selbst ist der Mann, sagte er sich und organisierte sich unter anderem dank seinen schon vorhandenen Spanischkenntnissen auf eigene Faust ein Praktikum bei der Zeitung «La Razon» in La Paz. Er berichtet von seinen Erlebnissen in der bolivianischen Metropole.

Praktikum bei «La Razon»

«Eigentlich war es gar nicht so schwer, Arbeit in Bolivien zu finden. Auf der Suche nach einer Einsatzmöglichkeit in meinem Berufsfeld zwischen Kommunikation und Journalismus habe ich einige Mails geschrieben – in schlechtem Spanisch, versteht sich. Das Reiseziel war La Paz, de facto die Hauptstadt Boliviens. Diesbezüglich hatte ich wenig Spielraum, schliesslich wollte ich meine Freundin besuchen, die hier ihr ETH-Praktikum absolviert.

Es dauerte oft etwas länger, bis ich Antwort erhielt, obwohl ich sehr knapp dran war (2 Monate im Voraus). Aber schlussendlich standen mir die zwei Möglichkeiten offen, entweder bei der Konrad-Adenauer-Stiftung im Kommunikationsbereich oder bei der «Razon», der grössten Zeitung von La Paz unterzukommen. Ich entschied mich für die Zeitung, obwohl trotz einigen Mailwechseln nie genau klar wurde, was ich denn da machen würde. So reiste ich nach Bolivien, schrieb von hier nochmals eine Mail und bereiste das Land für zwei Wochen. Meine Mail blieb einmal mehr unbeantwortet und so meldete ich mich eben telefonisch. Und schon fand ich mich am nächsten Tag bei der Zeitung wieder, wartete und wurde erst auf den Abend und dann auf den nächsten Tag vertröstet. Aber egal, ich hatte ja nichts anderes vor. Schliesslich startete ich dann in der Fotoabteilung mein Praktikum bei der «Razon».

Es braucht oft etwas Geduld, denn die Bolivianer haben in gewissen Dingen ein etwas anders Denken als wir, dem muss man sich eben einfach anpassen. Dann ist auch die Technik ganz anders. Mein Mac Computer arbeitet mit Netscape und einem völlig veralteten OS-irgendwas- System. Zudem ist das Internet unglaublich langsam. Aber als Europäer und besonders als Schweizer erhält man hier viel Respekt. Meine Arbeit wird sehr geschätzt und ich konnte nach zwei Wochen ein neues Projekt angehen. Nun bin ich daran, die Internetseite zu verbessern, eine Thematik, mit der ich mich bereits ein Jahr lang in einem Forschungsproseminar auseinandergesetzt habe. Und ich darf wohl auch einen Artikel schreiben über die Vorfreude auf die EM aus den Augen eines Schweizers.

Bolivien und die «Razon» werden wohl eher selten von Praktikanten besucht und Lohn liegt nicht drin. Doch da ich bei meiner Freundin gratis wohnen kann, die Lebenskosten sehr niedrig sind und ich gewisse Grundkenntnisse der Sprache mitbringe, ist es für mich hier optimal. Und ein gepimpter CV ist ja auchkeine schlechte Sache!»

Links

http://www.aiesec.chhttp://www.sta.chhttp://www.studex.chhttp://www.mirkohofmann.blogspot.com