Ihm bleibt die Hoffnung auf bessere Zeiten für den Dollar-Kurs. Lukas Messmer

Profitieren vom Leid der Bauarbeiter

Abrupter Kurswechsel: Unser Autor spekuliert ab sofort auf Verluste statt auf Gewinne. Das Opfer: Die Bauindustrie. Doch er hat die Rechnung ohne den Dollar gemacht.

11. März 2008

Abwärts. Leider hat sich in den vergangenen Wochen meine Strategie der Untätigkeit nicht ausbezahlt. Während ich immer noch auf meinen fünfzig stolzen Tausendern sitze, hat der Ranglistenerste sein Vermögen bereits verdoppelt. Nun ist es an der Zeit, der Welt zu zeigen, wie echte Kerle Roulette spielen. Von wegen Diversifikation, von wegen Risikoabsicherung – no risk, no revenue. An der Börse geht es vor allem in eine Richtung: Abwärts – und zwar je länger, desto tiefer. Gemischt mit einer andauernden Ungewissheit, ob der Tiefpunkt bereits ereicht ist, schafft das ein ideales Umfeld für einen risikofreudigen Investoren wie mich. Auf der Suche nach passenden Derivaten entdecke ich, dass es nicht nur hunderte von Produkten gibt, die auf stabile und steigende Kurse setzen, oder solche, die versuchen, sinkende Kurse abzusichern. Da existiert tatsächlich auch ein Produkt, das auf sinkende Kurse spekuliert.

Finance-Exkurs. Normalerweise klingt «steigender Kurs» nach Gewinn und «sinkender Kurs» nach Verlust. Genauso ist es aber möglich, von sinkenden Kursen zu profitieren und an steigenden zugrunde zu gehen. Um mit sinkenden Werten Gewinn zu machen, verkauft ein Investor ein Gut, das er nicht besitzt. Sei es ein Fass Öl, eine Aktie oder Schweinebäuche. Sinkt der Preis bis zum Liefertermin, gewinnt der Verkäufer die Differenz, steigt der Preis, muss er das Öl zu einem höheren Preis beschaffen, als er vom Käufer kriegen wird. Doch zurück zum vorhin entdeckten Derivat. Dieses wettet gegen eine Auswahl von Aktien aus dem amerikanischen «housing sector», von Generalunternehmern über Betonfirmen bis zu Hypothekarversicherungen. Defintiv eine Branche, in der in den letzten Monaten nicht unbedingt Champagnerlaune herrschte. Je schlechter es den Bodenlegern, den Betonherstellern, ja der ganzen Baubranche geht, desto höher mein Gewinn. Darauf setze ich 40’000 Franken.

Kassensturz. Da ich weder Daytrader noch langfristiger Investor bin, ziehe ich nach zwei Wochen Bilanz. Die gute Nachricht: Immerhin führte die Bank die Transaktion aus. Die schlechte Nachricht: Der Baubranche geht es immer noch gleich schlecht, aber leider nicht noch schlechter. Meine 250 Zertifikate haben noch denselben Wert, sie gaben sogar leicht nach, 60 Cent pro Stück. Peanuts! Was aber fataler ist und bei meinen Kalkulationen ausser Acht gelassen: Meine Wettscheine werden in Dollar abgerechnet, und genau dieser taucht unterdessen auf historische Tiefen, um 1.10 Franken pro Greenback ab. Insgesamt also gut 1000 Franken verloren. Ich hätte gegen den Dollar und nicht gegen die Bauarbeiter von Amerika spekulieren sollen. Nun bleibt nur die Hoffnung, dass der Dollar wieder steigt.