Studierende von der Wirtschaft gut behütet. Jan Spitz

Erziehungsmassnahme für die Wirtschaft?

Gastvorträge bringen den Studierenden einen näheren Praxisbezug. Von den Auftritten profitieren allerdings nicht nur die Auszubildenden, sondern auch die Firmen.

11. März 2008

Sybille Sachs setzt auf die Verknüpfung von Wirtschaft und Hochschule. Sie leitet an der Hochschule für Wirtschaft Zürich das Forschungscenter «Strategic Management» und hält als Titularprofessorin an der Universität Zürich die Vorlesung «Business and Society». Für die zweiteilige Veranstaltung hat sie in 14 vierstündigen Blöcken nicht weniger als zwölf Gastreferenten geladen. Eigentlich ist Sachs gar nicht unbedingt ein Fan von reinen Gastvorträgen, wie sie sagt: «Wenn Gastreferenten kommen und irgendetwas erzählen, kann das zwar spannend sein, aber die Verknüpfung mit der Theorie fehlt oft», sagt sie. Die Referenten, die in ihrer Vorlesung sprechen, würden aber nicht von irgendwelchen Firmen kommen, «sondern von solchen, die von uns untersucht worden sind in Bezug auf die theoretischen Konzepte.» Vor Jahren gehörte auch noch die Firma Shell zum Forschungsgegenstand ihrer Untersuchungen. Nach dem «Brent-Spar-Skandal» um die Ölfirma hat sich Sachs dann aber entschlossen, mit ihrem Team nur noch Firmen unter die Lupe zu nehmen, die sich im Stakeholder-Prozess (Umgang mit den vielfältigen Anspruchsgruppen einer Firma) schon auf einem fortgeschrittenen Niveau befinden. Das würde auch den Firmen etwas bringen: «Es ist eine Win-Win-Situation. Ich sehe da durchaus auch einen erzieherischen Effekt für die Firmen», sagt Sachs.

Das sehen auch die Referenten so: «Es ist immer sehr spannend zu sehen, wie die Theorie sich weiterentwickelt. Vor allem für uns, da wir uns nicht alltäglich mit theoretischen Ansätzen beschäftigen», sagt Michael Burkhardt von der Sunrise, der in diesem Jahr zum zweiten Mal vorgetragen hat.

«Akzeptiere keine PR-Show»

Eine Win-Win-Situation mag es ja sein, für die Forschung wie für die Firmen. Aber eigentlich müsste es doch sogar eine Win-Win-Win-Situation sein. Denn was ist mit den Studierenden? Macht es Sinn, wenn in derselben Vorlesung Referenten von Sunrise und Swisscom und solche von der Bank Vontobel und der ZKB auftreten? Sybille Sachs ist sich der Problematik bewusst, sagt aber auch: «Wenn jemand kommt und eine PR-Show abziehen will, würde ich das nicht akzeptieren.» Die Referenten seien denn auch ausschliesslich ihr aus den Forschungsprojekten bekannte Personen. So auch René Nicolodi von der ZKB, der am 10. Dezember auftritt und einst bei Professorin Sachs doktorierte. Für die ZKB gehe es insbesondere darum aufzuzeigen, welches Know-how in der Praxis gefragt ist, wie Christian Felix von der ZKB-Pressestelle erklärt. Er verheimlicht aber nicht, dass die ZKB bei Absolventen unter anderem dank solcher Gastreferate einen positiven Eindruck hinterlassen will. Auch für Burkhardt und Sunrise allgemein «wäre ein solcher Nebeneffekt angenehm», wie er sagt. Für Dozentin Sachs kein Problem: «Was alle Referenten als Hintergedanken haben, ist, dass sie die Studierenden als potentielle Arbeitnehmer ansehen. Das geht für mich aber in Ordnung.» Schliesslich ermuntere sie ihre Studierenden auch immer wieder, Vorgetragenes zu hinterfragen. Die Referenten werden von der Universität für ihren Auftritt nicht entschädigt. Eine Flasche Wein als Anerkennung würde sie aber schon bereitstellen, erklärt Sachs mit einem Schmunzeln.