Die Weltwoche polarisiert. PD

Duell: Weltwoche

Der StuRa vertritt studentische Anliegen in über 30 Uni-Kommissionen. Da wird einiges entschieden, was auch die 90 Prozent interessieren dürfte, die sich nicht an den StuRa-Wahlen beteiligt haben.

Luca Geisseler (Pro) und Tobias Bernet (Kontra)
11. März 2008

Dafür

Ja, ich habe die Weltwoche abonniert. Und nein, ich fühle mich nicht schuldig. Keine Asche über mein Haupt! Auch wenn es «Roger und seine Lakaien» einem gewiss nicht einfach machen, ihr Blatt hier von allen Anschuldigungen freizusprechen. Denn letztlich manifestiert sich der latente Abwärtstrend der hiesigen Journaille auf geradezu exemplarische Art und Weise an der Entwicklung der Weltwoche. Auch das einst renommierte Wochenblatt scheint sich dem herrschenden Zeitgeist nicht immer verwehren zu können, schreibt bisweilen tendenziös und foutiert sich um die journalistische Sorgfaltspflicht in einem Ausmass, wie es sich keine noch so bedeutungslose Regionalzeitung leisten könnte. Bedauerlich, aber mehr Zeugnis tief greifender Veränderungen in der Medienbranche denn eine spezifische Ausgeburt der Weltwoche.

All diesen Vorbehalten zum Trotz ist die Weltwoche nach wie vor eine großartige Zeitschrift. Ein Blatt, das sich wohltuend abhebt von all den journalistisch unsäglich biederen Medienerzeugnissen, von all diesem Mittelmass, das unser Land auch – aber nicht nur – in der Medienszene dominiert. Allein ihre herausragenden Autoren (ich meine nicht Urs Paul Engeler) und Kolumnisten (es ist weder vom Professor aus Zürich noch vom Hotelier aus Brig die Rede) sind Garanten virtuoser Schreibkunst. Auch die Auslandreportagen der Weltwoche gehören zum Besten, was auf diesem Gebiet im deutschsprachigen Raum publiziert wird. Darüber hinaus gelingt es dem Blatt Woche für Woche, den Diskurs in diesem Land massgeblich zu prägen. Mitunter prangert die Weltwoche dabei auch tatsächlich existierende Missstände an – siehe der «Fall Stocker». So führte in dieser Affäre erst die Intervention der Zeitschrift zu einer wundersamen Heilung gewisser Unordnungen. Dass die Weltwoche sich immer schwächere Gegner aussuche, ist eine oft kolportierte Dummheit, die durch ihre ständige Wiederholung nicht an Wahrheitsgehalt gewinnt. Auch der Vorwurf der mangelnden Transparenz verfällt, betrachtet man die gesamte Medienlandschaft, nicht. Denn Köppels Zeitschrift ist beleibe nicht das einzige Medium, dessen Besitzverhältnisse zu Spekulationen Anlass geben mögen. Bestimmt nicht spekulativ ist hingegen der Befund, dass die Weltwoche in gewisser Hinsicht einzigartig ist. Denn es fehlt ein linkes Pendant. Leider, ist man versucht zu sagen. Nur ist das nicht das Problem der Weltwoche. Sondern vielmehr das ihrer notorischen Kritiker.

Dagegen

Um die Weltwoche herunterzuputzen, wärs natürlich am besten, ich könnte dem Leibblatt des milchgesichtigen Neokonservativismus anhand eines konkreten Falles unsaubere Methoden vorwerfen. Ich hätte den Knaller recherchieren müssen: «Weltwoche lügt!» Hab ich aber nicht. Ich hab kein Budget hier, keinen Tito-irgendwas im undurchsichtigen Hintergrund. (Und gleich zu Beginn schon mal eine bös unsaubere Unterstellung an Roger K., der sich die eigene Zeitung ja sicher auch mit eigenem Geld gekauft hat.)

Ich darf also nicht davon ausgehen, dass die Weltwoche journalistische Grundregeln verletzt und muss sie folglich auf einer anderen Schiene kritisieren – was nicht allzu schwierig ist, zumal das rechte Blättchen eigentlich noch viel grundlegendere Regeln missachtet – Sachen, die uns schon im Chindsgi beigebracht wurden: «Such dir zum Kämpfen jemanden, der gleich stark ist wie du.» Die Weltwoche-Leute sehen sich selber wohl gerne als unerschrockene Tabubrecher – wobei als falsches Tabu so ziemlich alles verstanden wird, worüber man sich von links bis liberal einigermassen einig ist: Der Klimawandel ist real und ein Problem, die aktuelle US-Regierung ist korrumpierbar und reichlich inkompetent, die Angriffe des Schweizer Justizministers auf international gültige Grundrechte sind zu verurteilen.

Anstatt aber mächtigen Figuren wie eben den Klimawandel-Skeptikern im Weissen Haus oder dem Leader der grössten Partei im eigenen Land auf die Finger zu schauen, wie es wirklich engagierte Journalisten tun sollten, schiessen sich Köppels Buben (im Impressum erscheinen 55 schreibende Mitarbeitende, davon sind vier Frauen) vornehmlich auf solche ein, die sich kaum wehren können: kriminelle Ausländer, Sozialhilfebetrüger, traditionalistische Muslime. Klar, das sind Leute, die zum Teil Probleme machen – aber auf die Idee, bei ihnen, und nicht bei den Mächtigen seien die Ursachen gesellschaftlichen Übels zu suchen, kommen wahrlich nur paranoide, zu spät geborene Kalte Krieger, die es inmitten eines zutiefst bürgerlichen Landes und einer ultrakapitalistischen Welt fertig bringen, sich von einer diffusen linken Elite unterdrückt zu fühlen.

Roger, noch was zu melden? Ah ja, die übliche Portion chauvinistische Dummheit, die eigentlich schon alles sagt: «Wie die Linke generell, sind auch Frauen durchaus geübt darin, Geld auszugeben, das andere verdient haben.» (Weltwoche 45 / 07, S. 74)