Big Mama Thornton: Sassy Mama. PD

Sassy Mama

Big Mama Thornton, 2006.

10. März 2008

Da sitzt ihr zu Hause und verharrt mit Leidenschaft in eurem Lieblingsgefühl, dem Grübeln über die Welt und ihrer Ungerechtigkeit. Es geht um mehr als einen wolkenverhangenen Sommer, es geht um Existentielles. Und während ihr euch bequem in die Kissen lehnt, während euer Lieblingssong von euer Lieblingsband wie eine Brandung auf das Bewusstein prallt, bemerkt ihr nicht, dass euer Leiden kräftigeren Wurzeln entspringt, als es der weichgespülte Britsoftrock unserer Zeit vermuten lässt.

Am Anfang war der Blues. Die Suche der Wurzel beginnt im Süden, im Mississippi Delta, bei Männern mit Gitarren und wettergegerbter Haut. Heute aber wollen wir uns von einer Frau belehren lassen: Willa Mae Thornton, genannt Big Mama Thornton. Sie gehört zu den Grossen der weiblichen Blues-Geschichte. Legendär ist nicht nur ihre mächtige Stimme, sondern auch ihre besoffenen, mitreissenden Bühnenauftritte, die mit brachialem Getöse anfingen und endeten. Ihre Stimme hat die kratzige Verruchtheit von jahrelangen Alkoholexzessen und verrauchter Bühnenluft. Einen Auftritt aus dem Jahr 1977 hören wir nun digital restauriert. In der Songliste finden sich alte Bekannte wie «Hound Dog», der später von Elvis Presley zum Rockn´Roll Gassenhauer gemacht wurde. Anhören und seinen Ohren nicht trauen: Der Watermelon Man, «the funkiest tune ever written» kommt als Blues und auf leisen Sohlen daher. Mama spielt die Mundharmonika: Mit Inbrunst und trotz Zahnlücken.

Janis Joplin hat nicht wie oft behauptet, geweint, als sie Big Mama Thornton zum ersten Mal hörte. Sie bat ihr Vorbild stattdessen um Erlaubnis, den Song «Ball and Chain» covern zu dürfen. Mama sagte «Ok. But you ain´t never gonna sound like me – ever.»