Interview mit Barbara Häring

Die Führungen der Uni und der ETH Zürich schlittern seit letztem Herbst von einer Krise in die nächste. Angeprangert werden Seilschaften in der Professorenschaft, ungelöste Personalkonflikte und ein unbedachter Reform-Turbo. Die ZS fasst die wichtigsten Ereignisse der letzten Monate an den beiden Hoch-schulen zusammen.

22. Februar 2008

Frau Häring, sind die momentanen Diskussionen im Zürcher Kantonsrat zur Führung der Uni notwendig – oder bloss ein Sturm im Wasserglas? — Sie sind sinnvoll. Die Universitäten sind in den letzten Jahrzehnten stark gewachsen. Gleichzeitig wurden durch ihre Autonomisierung Führungsstrukturen auf politischer und strategischer Ebene verändert. Mit der Überführung in eine autonomere Rechtsform 1998 kann und muss die Universität überdies auch ihre Immobilien selbst verwalten. Diese Entwicklungen haben auch auf der Ebene der operativen Führungstrukturen ihre Auswirkungen. Sie verlangen eine Professionalisierung der operativen Führung.

Was heisst das konkret? — Wir müssen das Instrumentarium der professoralen Führung verstärken. Sie müssen insbesondere in Finanz- und Personalfragen zunehmend von ExpertInnen unterstützt werden. Die Uni Zürich hat bereits Massnahmen in diese Richtung ergriffen. So haben wir insbesondere neu die Stelle des Finanzdirektors geschaffen. Früher wurde diese Aufgabe gemeinsam vom Betriebsdirektor und dem Prorektorat Planung wahrgenommen. Die Universitätsleitung haben wir mit dem neuen System der Prorektoren den heutigen Bedürfnissen angepasst.

Für Diskussionen sorgte diesen Sommer eine parlamentarische Initiative im Kantonsrat, welche dem Senat das Vorschlagsrecht bei der Rektorwahl absprechen will. Sie wurde mit einem deutlichen «Ja» der Sachkommission überwiesen. Im Kantonsrat war oft von «Seilschaften» innerhalb der Professorenschaft die Rede. Sollen die Professoren ihren künftigen Rektor vor die Nase gesetzt bekommen? — In dieser Sache ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Bearbeitung der Initiative wird das Gespräch zwischen Kantonsrat, Universitätsrat und Universitätsleitung möglich machen. Ich hoffe, dass wir eine optimale Mischung zwischen einem Bottom-up und einem Top-Down-Prozess für die Wahl des Rektors oder der Rektorin finden.

Nicht nur die Universitätsleitung, auch die Fakultätsleitungen kamen dieses Jahr unter Beschuss. Die kantonsrätliche Untersuchungskomission zu den Missständen an der Vetsuisse kam in ihrem Untersuchungsbericht zum Schluss, dass zumindest die grossen Fakultäten heute nicht mehr von Professoren mit vollen Arbeitspensum im Nebenamt geführt werden können. Stimmen Sie diesem Urteil zu? — Die Autonomisierung der Universität hat bis jetzt insbesondere das Funktionieren der Universitätsleitung verändert. Hier wurden in den letzten Jahren Reformen eingeleitet. Ich gehe davon aus, dass nun die Professionalisierung eine Stufe weiter gehen muss und auch die Fakultäten betreffen wird. Man muss den Fakultäten aber zugute halten, dass sie selbst auf die Entwicklungen reagieren und im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Führung optimieren.

Haben die Professoren der Uni Zürich zu viel Macht? — Ein Stückchen Rollenmacht wurde Ihnen in den letzten Jahren bereits durch die Anpassung der Berufungsverfahren genommen. Diese Verfahren werden neu nicht mehr von den versammelten Fakultäten beurteilt. Ein Ausschuss der Fakultät kann dazu jedoch immer noch Stellung beziehen.

Es ist bekannt, dass der ETH-Rat die ETH Zürich nach amerikanischem Vorbild auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ausrichten und von Managern leiten lassen will. Gibt es derartige Bestrebungen im Falle der Uni Zürich? — Nein, damit würden wir einen unserer Vorteile im internationalen Wettbewerb um die besten Professoren verlieren. Unsere Universitäten sind zu einen hohen Grad mit staatlichen Mitteln finanziert. Das ermöglicht unseren Professorinnen und Professoren, unabhängige Grundlagenforschung zu betreiben – Drittmittel sind nämlich immer in irgend einer Form zweckgebunden.

Wie wird die künftige Führung der Universität Zürich aussehen? — Es braucht eine doppelte Führung. Die herkömmliche Leitung durch die Professoren muss erhalten bleiben, denn eine Universität ist ein spezieller Organismus, der nicht mit einem gewöhnlichen Unternehmen gleichgesetzt werden kann. Es braucht aber eine Ergänzung durch professionelle Manager, welche die professorale Führungsstruktur entlasten.