Hans Weder. PD

Hochschulleitung unter Beschuss

Die Führungen der Uni und der ETH Zürich schlittern seit letztem Herbst von einer Krise in die nächste. Angeprangert werden Seilschaften in der Professorenschaft, ungelöste Personalkonflikte und ein unbedachter Reform-Turbo. Die ZS fasst die wichtigsten Ereignisse der letzten Monate an den beiden Hoch-schulen zusammen.

22. Februar 2008

September 2006: Die Krise der Uni begann mit der Schelte an Uni-Rektor Hans Weder anlässlich der Abnahme des Uni-Geschäftsberichtes für das Jahr 2005 im Kantonsrat. Weder wurde in einer harschen Diskussion Unfähigkeit in der Führung, Rufmord als Strategie zur Konfliktlösung und weiteres vorgeworfen. Grund dafür waren ungelöste, oder auch unlösbare Personalkonflikte der letzten Jahre an der Uni – beispielsweise das Mobbing gegen die Theologieprofessorin Ellen Stubbe, sowie weitere personelle Missstände und Querelen in der Veterinärmedizinischen und mehrere Fälle in der Medizinischen Fakultät. Inwiefern Weder diese Fälle tatsächlich selbst verschuldete, konnte in der emotionsgeladenen Debatte jedoch nicht befriedigend geklärt werden.

Dezember 2006: Nach sechs Jahren Planung stellte die Unileitung, welche sich immer noch im öffentlichen Kreuzfeuer befand, ihr Projekt zur eigenen Umstrukturierung vor. Mit der Ernennung von Prorektoren, welche die Querschnittsressorts Planung, Forschung und Lehre betreuen und gleichzeitig zwei bis drei Fakultäten unter ihrer Fittiche haben, will die Unileitung die Fakultäten stärker an sich binden. Neu geschaffen wurde auch eine Arbeitsgruppe «Strategische Agenda», welche den Universitätsrat bei der langfristigen Planung unterstützt.

April 2007: Damit war die Universitätsleitung für eine Zeit aus dem Schussfeld. Nun kam die veterinärmedizinische Fakultät Vetsuisse an die Reihe. Zu Reden machten die sexuelle Belästigungen und der Abgang der Onkologie-Professorin Barbara Kaser-Hotz von der Veterinärmedizinischen Fakultät Vetsuisse im Zusammenhang mit einem Streit um ein High-Tech-Gerät. Im Zuge der Untersuchung, welche eine kantonsrätliche Subkommission diesbezüglich in der Vetsuisse durchführte, kamen gravierende Führungsmängel zutage. «Eine Fakultät wie die Vetsuisse kann nicht im Nebenamt geführt werden», heisst es im Schlussbericht der Kommission vom April dieses Jahres. Gefordert wurde, dass der Fakultätsleiter über eine Managementausbildung verfügen oder eine entsprechende Fachperson an die Seite gestellt werden soll.

Juni 2006: Die grüne Kantonsrätin Esther Guyer lancierte im Zürcher Kantonsrat eine parlamentarische Initiative, welche dem Senat, der versammelten Professorenschaft der Uni Zürich, das Vorschlagsrecht für den Rektor absprechen will. Das bisherige Wahlprozedere, bei dem sich die Kandidaten für den Rektorsposten an einem einzigen Abend im Senat präsentieren müssen, begünstige Seilschaften innerhalb der eingesessenen Professoren, begründete Guyer.Externe Bewerber trauten sich gar nicht, an der Wahl teilzunehmen. Der Unirat und damit in letzter Instanz das Zürcher Stimmvolk eine aktivere Rolle in der Wahl spielen, und nicht nur den Antrag des Senats durchwinken. Nach einer heissen Diskussion im Kantonsrat, in der auch generelle Vorwürfe gegenüber der angeblich elitären Professorenschaft zu hören waren, wurde die Initiative mit einer deutlichen Zustimmung der Kommission für Bildung und Kultur überwiesen. Diese wird in den nächsten Monaten mit der Bildungsdirektion und dem Unirat die Initiative bearbeiten und im Herbst dem Kantonsrat vorlegen.

ETH – Die Diktatur des Rates?

November 2006: An der ETH wird der Präsident – das oberste operative Organ nicht von den Professoren, sondern vom ETH-Rat gewählt. Dieser hatte 2005 den Entwicklungsbiologen Ernst Hafen eingesetzt, der einen Teil seiner akademischen Karriere in den USA absolvierte und die ETH nach dem amerikanischen Modell – straffe Führung, verstärkte Ausrichtung an die Bedürfnisse der Wirtschaft – reformieren wollte. Ohne die Professen aktiv mit einzubeziehen, wollte Hafen das ehrgeizige Reformprojekt «ETH 2020», das unter anderem vorsah, die Anzahl der Departemente zu verkleinern, die Forschung stärker an die Bedürfnisse der Wirtschaft auszurichten. Die Professoren fühlten sich brüskiert und probten den Aufstand. Sämtliche Departementschefs forderten in einem persönlichen Schreiben den Rücktritt von Ernst Hafen. Dieser beugte sich dem Druck und verliess die ETH. Rektor Konrad Osterwalder übernahm interimistisch das Präsidium der ETH, während sich der ETH-Rat auf die Suche nach einem Nachfolger für Ernst Hafen machte.

Mai 2007: Die Suche nach einem neuen ETH-Präsident endete in einem Fiasko. Der ETH-Rat stellte den Hirnforscher Martin Schwab und den Physiker Ralph Eichler, der selbst Mitglied des ETH-Rates ist, als Kandidaten auf. Ersterer genoss – gemäss Insiderquellen – eine hohe Akzeptanz bei den ETH-Professoren. Trotzdem entschied sich der ETH-Rat nicht für den favorisierten Schwab, sondern für Eichler. Das Verhältnis zwischen dem ETH-Rat und den Professoren, das bereits durch den Fall Ernst Hafen ernsthaft beschädigt worden war, ist nun vollends zerrüttet. Ein weiterer Grund für Spannungen ist die Mittelzuteilung zwischen den ETHs in Zürich und Lausanne – letztere wird seit einiger Zeit immer mehr bevorzugt. Dem ETH-Rat, der die Gelder verteilt, wird eine Favorisierung der Lausanner ETH nachgesagt.

Seit Juni 2007: Nach diesem Eklat wird nun auch der ETH-Rat selbst und besonders sein Präsident Alexander Zehnder in Frage gestellt. Im Parlament, welches nächste Woche zur Herbstsession zusammenkommt, ist ein Postulat der SP-Nationalrätin Vreni Müller-Hemmi hängig, welches den Bundesrat beauftragt, zu prüfen, ob der ETH-Rat das richtige Gremium sei, um die beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen strategisch zu leiten. Favorisiert wird von den Kritikern die Schaffung von getrennten Hochschulräten.